Kreuzfahrten:Landgang mit Folgen

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Sorry, zu spät! Gäste der "Norwegian Dawn" kamen unpünktlich vom Landausflug zurück und mussten dann ihrem Schiff 6000 Kilometer hinterherreisen. (Foto: Gerard Bottino /IMAGO/ZUMA Wire)

Zurückgelassene Passagiere reisen quer durch Afrika, um ihr Kreuzfahrtschiff wieder einzuholen.

Glosse von Hans Gasser

Kreuzfahrten werden gerne belächelt als schwimmende All-inclusive-Hotels, bei denen das einzige Abenteuer darin besteht, ob man sich am Buffet die Salmonellen holt oder doch nur das zweite Tiramisu. Weit gefehlt! Denn man macht ja auch Ausflüge, es werden Inseln und Städte besichtigt, die dann unter dem gleichzeitigen Ansturm von 6000 Menschen ächzen. Das kann auch abenteuerlich sein. Dubrovnik und Santorin können ein Klagelied davon singen. Der Refrain: "Es ist zwar Hardcore/ aber das Business geht vor."

Auf einem großen Kreuzfahrtschiff ist manchmal aber auch ein richtiges, echtes Abenteuer drin, das ja nur dann eines ist, wenn es überraschende Wendungen nimmt und sein Ausgang dem Abenteurer nicht von Anfang an bekannt ist. Und damit kommen wir nach Afrika. Genauer gesagt zum Inselstaat São Tomé und Príncipe, der sich im Golf von Guinea befindet, etwa 200 Kilometer vor der Küste von Gabun.

Hierher kam das Ehepaar Campbell aus South Carolina mit dem Schiff Norwegian Dawn, das sich auf einer 21-tägigen Fahrt von Kapstadt nach Lissabon befand. Von den Campbells wissen wir, weil sie ihr Abenteuer bereits CNN erzählt haben. Und das ging so: Zusammen mit sechs anderen Gästen buchten sie einen Ausflug auf der exotischen Insel. Das Problem dabei: African Time und Norwegian Time harmonierten nicht ganz, denn der Touranbieter brachte die acht Gäste zu spät zurück zum Hafen. Das Schiff lag zwar noch dort, war aber schon kurz vor der Abfahrt. Weder der Anruf des Touranbieters noch jener des Hafenmeisters konnten den Kapitän umstimmen. Er fuhr los. Kurs Nord-Ost.

Und tschüss!

Die Reederei ließ wissen, dass dies zwar bedauerlich sei, die Gäste aber die Verantwortung dafür trügen, sich zu der mehrfach an Bord publizierten Zeit wieder am Hafen einzufinden. Ihre Pässe waren der Hafenpolizei übergeben worden. Und tschüss!

Damit begann das Abenteuer. Die acht Passagiere, von denen laut den Campbells eine schwanger, ein zweiter herzkrank und ein dritter im Rollstuhl war, mussten nun, wie CNN schreibt, auf eigene Kosten durch sechs afrikanische Länder reisen, um das Schiff im nächstmöglichen Hafen in Gambia wieder zu besteigen. Wie genau die Reiseroute verlief, wurde nicht publik. Zwischen dem Festland in Gabun und Gambia liegen doppelt so viele Länder und 5000 Kilometer, also darf man annehmen, die Campbells und ihre Reisegefährten sind geflogen und mehrmals umgestiegen.

Im Taxi nach Dakar

Wie auch immer: Als sie in der gambischen Hafenstadt Banjul auf die Norwegian Dawn warteten, hieß es, diese könne wegen des Wetters und starker Ebbe nicht einlaufen. Nächster möglicher Hafen: Dakar in Senegal. Immerhin nur das Nachbarland. Dafür mussten sie mit einer Fähre erst einmal über die dicke Gambia-Mündung, um dann auf dem Landweg mit einem großen Taxi fünf Stunden nach Dakar zu fahren.

Die Odyssee, sie nahm wohl ein gutes Ende. Wie die Reederei dem Spiegel mitteilte, seien die acht Gäste in Dakar wieder auf das Schiff gekommen. Natürlich werde man die Kosten für die Anreise aus Gambia übernehmen, dafür könnten die acht ja wirklich nichts. Die Norwegian Dawn, vor einem Monat übrigens wegen eines Cholera-Verdachts in den Schlagzeilen, ist jetzt auf dem Weg nach Teneriffa. Ob dort nach dem Ausflug zum Teide noch einmal jemand das Schiff verpasst? Wir werden es erfahren - von den Campbells.

Hans Gasser musste in Norwegen auch schon mit dem Taxi einem Schiff hinterherfahren. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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