Die jetzt von Wikileaks veröffentlichten und vom Spiegel ausgewerteten geheimen Kabel-Berichte aus der deutschen US-Botschaft zeigen, wie die Weltmacht USA über den Vizekanzler eines ihrer wichtigsten europäischen Verbündeten denkt. Westerwelle sei inkompetent, eitel und amerikakritisch, heißt es da. Seine Gedanken hätten "wenig Substanz". Die "Beherrschung komplexer außen- und sicherheitspolitischer Themen" erfordere bei Westerwelle offenbar noch "Vertiefung", referierte Botschafter Murphy im Herbst 2009. Der FDP-Politiker sei ein "Rätsel", mit wenig außenpolitischer Erfahrung.
Solche Leistungsprofile konnten auch oberflächlichen Beobachtern nicht verborgen bleiben. Doch dass US-Diplomaten diese Einschätzung ungeschönt nach Washington übermittelten, entbehrt nicht einer gewissen Brisanz. Wer Westerwelle kennt, der weiß, wie sehr ihn diese Berichte kränken müssen.
Außenpolitik nicht Westerwelles "wahre Liebe"
Die Einschätzungen stammen zu größten Teil aus der Zeit kurz vor Beginn der schwarz-gelben Koalition oder aus den Wochen danach. Botschafter Murphy zitiert neun Tage vor der Bundestagswahl 2009 die FDP-Abgeordnete Marina Schuster: Die Politikerin habe einem Botschaftsmitarbeiter erzählt, Außenpolitik sei nicht Westerwelles "wahre Liebe", aber er werde "dieses Amt aufgrund der großen Renommees und der Bindung an das Amt des Vizekanzlers annehmen". So ungefähr hat man sich das vorgestellt. Westerwelle hätte lieber das Steuersystem radikal umgebaut.
"Die Elite der deutschen Außenpolitik wird ihn weiterhin skeptisch beäugen", vermutet Murphy. Und tatsächlich: Westerwelle hat bisher den Amerikanern kaum erkennbaren Anlass gegeben, ihre Meinung grundlegend zu revidieren.
Guttenberg hingegen hat sich immer wieder Bestnoten bei den Diplomaten verdient. Der junge Baron sei ein "enger und bekannter Freund der USA", heißt es in einer Depesche. Im Gegensatz zu Westerwelle habe sich der Christsoziale schon als Abgeordneter im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages für die transatlantische Beziehung starkgemacht.
This love will never die: Legendär ist das Foto mit Guttenberg auf dem Times Square in New York, damals war er als Wirtschaftsminister frisch ernannt. Mit ausgebreiteten Armen steht der Mann mitten in Manhattan, es wirkt, als singe er Frank Sinatra ("If I will make it there, ..."). Als wolle er ganz Deutschland auf eigene Kosten in die USA einladen. Nur damit alle dieses wunderbare Land einmal live erleben können. Schon als er noch Wirtschaftsminister ist, billigen ihm die amerikanischen Freunde das Potential zu, "dem Kabinett etwas Glanz hinzuzufügen".