Wiesbaden (dpa/lhe) - In Hessen wird die Überwachung von öffentlichen Plätzen mit Videotechnik weiter ausgebaut. „Weil wir überzeugt sind und aus den praktischen Erfahrungen wissen, dass wir auch damit einen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheitslage leisten, übernimmt die hessische Landesregierung zwei Drittel der Anschaffungskosten für die Einrichtung von Videoschutzanlagen durch die Kommunen“, sagte Innenminister Peter Beuth (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. Im Jahr 2021 soll der Ausbau der Videosicherheitstechnik in den Kommunen mit 2,8 Millionen Euro unterstützt werden - mehr Geld als je zuvor.
Seit dem Jahr 2008 werden für die Videosicherheitsanlagen den Angaben zufolge 300 000 Euro vom Land zur Verfügung gestellt. 2018 seien diese Mittel um eine Million auf eine Fördersumme von 1,3 Millionen Euro pro Jahr erhöht worden. Im Jahr 2020 seien hochauflösende Videosicherheitsanlagen etwa in den Städten Wiesbaden, Darmstadt, Fulda, Gießen, Dietzenbach und Offenbach gefördert worden.
Bei den sieben hessischen Polizeipräsidien waren nach Angaben des Innenministers in insgesamt 19 Städten 24 Schutzzonen mit insgesamt 263 Kameras zur gemeinsamen Nutzung von Polizei- und Gefahrenabwehrbehörden zur Überwachung von öffentlichen Straßen und Plätzen in 2020 in Betrieb. Im Jahr zuvor war die Überwachungstechnik in 19 Städten bei 23 Schutzzonen und mit 204 Kameras zum Einsatz gekommen.
Die Stadt Limburg plane neben dem Schutzbereich am Bahnhof einen weiteren Bereich in der Innenstadt, teilte der CDU-Politiker mit. Die Stadt Kassel strebe eine Erneuerung und Erweiterung der Videotechnik in der Unteren Königsstraße an. Auch die Stadt Bad Vilbel wolle ihre bestehende Anlage mit modernster Technik ertüchtigen.
Für den hessischen Datenschutzbeauftragten sind Kameras nur der halbe Schritt. „Mehr Kameras allein bedeuten nicht unbedingt mehr Sicherheit, wenn die Kameras nicht auch von den zuständigen Stellen entsprechend personell „überwacht“ werden, sagte eine Sprecherin. Die Formel solle daher vielmehr lauten: „Nicht mehr Kameras ohne ausreichendes Personal, welches die Bildübertragung konsequent und fortwährend im Blick behält.“
Der Richterbund Hessen mahnt, bei einer Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum das Persönlichkeitsrecht von Passanten besonders sorgfältig zu prüfen und abzuwägen, wo die Technik zum Einsatz kommen kann. „Kriminalität im öffentlichen Raum muss effektiv verhindert und für Strafverfahren beweissicher dokumentiert werden“, sagte eine Sprecherin. Ein Baustein dazu sei die Videoüberwachung. Der räumlich begrenzte Einsatz von Überwachungsanlagen an Kriminalitätshotspots sei einer Überwachung ganzer Straßenzüge aber vorzuziehen.
In Wissenschaftlerkreisen werde durchaus ein gewisser Effekt von Videoüberwachung bei der Ermittlung von Straftaten gesehen, sagte der Polizeiforscher Rafael Behr von der Hamburger Akademie der Polizei. Allerdings seien Experten sich auch einig, dass der präventive Effekt von Videoüberwachung stark überbewertet werde.
Der Hessische Städtetag gibt weder Vorgaben noch Empfehlungen ab. „Ob eine Videoüberwachung präventive Wirkung entfaltet, kommt sehr auf den Ort und die örtlichen Bedingungen und Bedarfe an“, erklärte ein Sprecher. Dass die Kameras die Kriminalität unter Umständen nicht verhindern, sondern nur verlagern, sei hier und da zu beobachten.
Zudem müssen laut dem Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung für eine Videoüberwachung an entsprechender Stelle wiederholt Straftaten begangen worden seien und Anhaltspunkte für weitere vorliegen. Beispielsweise wurde in Darmstadt für den Luisenplatz die Einrichtung einer Videoüberwachungsanlage beschlossen, an der bald die Kameras montiert werden sollen. Gleichzeitig ließ die Kommune den Marktplatz und den Platz der Deutschen Einheit prüfen. „Als Ergebnis wurde festgestellt, dass beide Plätze keine Kriminalitätsschwerpunkte sind, die eine Videoüberwachung rechtfertigen würden“, sagte Bürgermeister Rafael Reißer (CDU).