Washington:Israelis und Palästinenser beginnen Nahost-Gespräche

Lesezeit: 2 min

Gemeinsames Fastenbrechen: US-Außenminister Kerry (vorne links) beim Abendessen mit der israelischen Justizministerin Livni und dem palästinensischen Chefunterhändler Erekat (zweiter von rechts) (Foto: REUTERS)

Es ist ein "sehr besonderer Augenblick": Nach drei Jahren Unterbrechung treffen sich Israelis und Palästinenser erstmals wieder zu direkten Gesprächen. Die Chefunterhändler beider Seiten brechen gemeinsam das Fasten - mit US-Außenminister Kerry, der das Treffen in monatelanger Pendeldiplomatie vorbereitet hat.

Nach fast drei Jahren Unterbrechung haben Israelis und Palästinenser in Washington wieder direkte Gespräche aufgenommen. Zum Auftakt nahmen die israelische Chefunterhändlerin, Justizministerin Zipi Livni, und ihr palästinensischer Gegenpart Sajeb Erakat am Montagabend (Ortszeit) an einem Fastenbrechen mit US-Außenminister John Kerry teil.

"Es war ein konstruktives und produktives Treffen der beiden Parteien", sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums am späten Abend nach dem etwa 90-minütigen Arbeitsessen in Washington. Sie seien mit gutem Glauben und ernsthaften Absichten in das Treffen gegangen. "Wir freuen uns darauf, die Gespräche morgen früh fortzusetzen."

Der Auftakt in der US-Hauptstadt verlief äußerst diskret. Beide Seiten äußerten sich nicht öffentlich, TV-Kameras waren nicht präsent. Die eigentlichen Verhandlungen nach diesen Vorgesprächen sollen am Dienstag unter Leitung des früheren US-Botschafters in Israel, Martin Indyk, beginnen. Die Gespräche kamen auf Vermittlung und Drängen der USA zustande. Kerry hatte in monatelanger Pendeldiplomatie die Grundlagen gelegt.

Zipi und Erakat saßen bei dem Fastenbrechen, wie es im muslimischen Fastenmonat Ramadan üblich ist, nebeneinander. Insgesamt waren neun Teilnehmer bei der Runde im Außenamt dabei. Kerry hieß seine Gesprächspartner willkommen und sprach von einem "sehr sehr besonderen" Augenblick. Zuvor hatte er beide Seiten ermahnt, einen "vernünftigen Kompromiss" zu finden. "Ich weiß, dass die Verhandlungen hart sein werden, doch ich weiß auch, dass die Folgen, es nicht zu versuchen, schlimmer sein könnten." Wenn beide Seiten kompromissbereit seien, "dann ist Frieden möglich", meinte Kerry im Vorfeld.

Obama glücklich über Wiederaufnahme der Verhandlungen

Auch US-Präsident Barack Obama rief beide Konfliktparteien auf, mit "gutem Willen" in die ersten Direktverhandlungen seit drei Jahren einzutreten. Er sei glücklich, dass Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eingewilligt hätten, die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die Ausgangslage sei vielversprechend, allerdings müssten jetzt schwierige Entscheidungen getroffen werden, erklärte Obama.

Kurz vor dem formalen Auftakt hatten sich beide Seiten darauf geeinigt, dass sie mindestens ein dreiviertel Jahr über einen konkreten Friedensplan verhandeln wollen. Israelis und Palästinenser hätten sich auf "direkte Gespräche über einen endgültigen Status" geeinigt, der "einen Kalender von mindestens neun Monaten" vorsehe, sagte eine US-Außenamtssprecherin. Dabei handele es sich aber nicht um eine Frist.

Die Palästinenser dämpften vor Gesprächsbeginn die Erwartungen. Es gehe in Washington noch nicht um Friedensverhandlungen, dafür müssten in den kommenden Wochen erst die Grundlagen ausgearbeitet werden, betonte der Sprecher für den Verhandlungsprozess, Jassir Abed Rabbo, im Radiosender Stimme Palästinas.

Beide Seiten machen Zugeständnisse

Livni begrüßte die Ernennung Indyks, der derzeit seine Stelle als Direktor des Nahostprogramms beim renommierten US-Forschungsinstitut Brookings ruhen lässt, zum Sonderbeauftragten, obwohl dieser einen schweren Stand haben werde. "Es wird ziemlich hart und problematisch, aber er ist talentiert genug und kennt den Nahostkonflikt so gut, dass er diese Herausforderung annehmen kann", sagte Livni nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York. "Wir werden gerne mit ihm arbeiten."

Indyk leitete von 1995 bis 1997 und von 2000 bis 2001 die Botschaft der Vereinigten Staaten in Israel, außerdem nahm er unter US-Präsident Bill Clinton an den Friedensgesprächen in Camp David teil. Israel ist durch Justizministerin Livni und Jizchak Molcho vertreten, die palästinensische Seite durch Chefunterhändler Erakat und Mohammed Schtajeh. Beobachter rechnen mit einem komplizierten Ringen um die Beilegung des Nahostkonfliktes.

Mit Blick auf die Wiederaufnahme der Gespräche hatte das israelische Kabinett am Sonntag der Freilassung von 104 palästinensischen Häftlingen zugestimmt. Die Palästinenser gaben ihre Forderung auf, dass Israel noch vor dem Treffen in Washington die Grenzen von 1967 als Grundlage von Verhandlungen anerkennt und einen formellen Siedlungsstopp in Palästinensergebieten erklärt.

Die Gespräche zwischen beiden Seiten wurden abgebrochen, nachdem sich Israel im September 2010 geweigert hatte, den Baustopp für israelische Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten aufrecht zu erhalten. Die israelische Siedlungspolitik gilt als einer der schwierigsten Streitpunkte in den Verhandlungen, die letztlich eine Zwei-Staaten-Lösung herbeiführen sollen.

© AFP/dpa/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: