Wahlen in Spanien:Spanien vor schwieriger Regierungsbildung

Lesezeit: 2 min

Alberto Núñez Feijóo am späten Sonntagabend. (Foto: Juan Medina/REUTERS)

Herausforderer Alberto Núñez Feijóo holt die meisten Stimmen, ist aber weit von einer Mehrheit entfernt. Noch will Ministerpräsident Sánchez nicht aufgeben.

Von Nadja Lissok, Madrid

Nach der Parlamentswahl am Sonntag steht Spanien vor einer schwierigen Regierungsbildung. Anders als fast alle Umfragen vorher prognostiziert hatten, blieb ein Sieg des rechten Lagers aus. Der konservative Herausforderer Alberto Núñez Feijóo gewann zwar mit seiner Partei Partido Popular (PP) die meisten Stimmen, ist mit 136 Sitzen und 33 Prozent der Stimmen aber weit entfernt von einer Mehrheit im spanischen Parlament. Auch für eine Koalition mit den Rechtsextremen von Vox, die Feijóo vor der Wahl in Aussicht gestellt hatte, hat der PP zu wenig Sitze. Vox gehört zu den Wahlverlierern: Die Partei hat künftig nur noch 33 Sitze im Parlament, das entspricht einem Stimmenanteil von zwölf Prozent. Bei der vergangenen Wahl 2019 war die Rechtsaußen-Partei noch auf 52 Sitze gekommen. Trotz der schwierigen Voraussetzungen kündigte PP-Chef Feijóo noch in der Wahlnacht in Madrid an, eine Regierung zu bilden.

Er ist nicht der Einzige: Auch Ministerpräsident Pedro Sánchez von dem sozialistischen PSOE leitet aus dem Wahlergebnis einen Regierungsauftrag ab. Seine Partei gewann zwei Parlamentssitze hinzu und kommt künftig auf 122 Mandate, das entspricht etwa 32 Prozent der Wählerstimmen. Angesichts der schweren Schlappe der linken Parteien bei den Regional- und Kommunalwahlen im Mai, in deren Folge Sánchez die Parlamentswahlen aus dem Dezember vorgezogen hatte, kann dies als überraschend gutes Ergebnis gelten. Das frisch fusionierte linke Parteienbündnis Sumar wiederum hat mit 31 Sitzen zwei Sitze weniger als ihre Vorgängerformation, die Linkspopulisten von Unidas Podemos, Sánchez' bisheriger Juniorpartner. Auch sein Verbündeter in Katalonien, die linke Unabhängigkeitspartei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC), ging aus der Wahl geschwächt hervor.

Damit haben die spanischen Wählerinnen und Wähler die Mitte gestärkt, was eine Koalitionsbildung erschwert. Eine Koalition zwischen PP und PSOE wäre rechnerisch möglich, gab es aber in Spanien noch nie. Die Fronten zwischen den Traditionsparteien sind verhärtet, auch die Tolerierung einer Minderheitsregierung durch eine der beiden großen Parteien gilt als unwahrscheinlich.

Eine Möglichkeit wäre, dass sich der PSOE von der Junts-Partei vom im Exil lebenden katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont tolerieren lässt. Der lehnt zwar eine direkte Unterstützung sowohl des PP als auch des PSOE ab. Doch Junts-Spitzenkandidatin Míriam Nogueras ließ am Wahlabend ein Hintertürchen für Sánchez offen. Die Partei könnte sich mit ihren sieben Abgeordneten enthalten und so eine PSOE-Regierung ermöglichen. Puigdemont und seine Partei streben nach wie vor die Unabhängigkeit Kataloniens an - und gelten deshalb als umstrittene Partner.

Scheitert eine Regierungsbildung, sind auch Neuwahlen eine Option - wie schon nach den Wahlen in den Jahren 2015 und 2019, nach denen Spanien monatelang ohne beschlussfähige Regierung war.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungSpanien
:Ein Volk, das besonnen bleibt

Wer künftig in Madrid regiert, ist am Tag nach der Wahl unklar - aber die Rechtspopulisten werden es auf keinen Fall sein. Ministerpräsident Sánchez und sein Herausforderer Feijóo sollten ein Experiment wagen.

Kommentar von Karin Janker

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: