In South Carolina waschen sie gern schmutzige Wäsche im Wahlkampf. Das musste John McCain erfahren, als er vor zwölf Jahren gegen George W. Bush antrat und auf einmal Gerüchte auftauchten, dass seine kleine Adoptivtochter in Wahrheit das Produkt einer außerehelichen Affäre sei. Nichts war an der Sache dran. Doch genügte die üble Nachrede, ihn aller Chancen auf einen Sieg bei der Vorwahl in dem konservativen Bundesstaat zu berauben.
Auch diesmal schenken sich die Kandidaten nichts. Wie bestellt wurden am Donnerstag nur zwei Tage vor der Vorwahl, die diesmal das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner entscheiden könnte, Äußerungen von Newt Gingrichs geschiedener zweiter Frau Marianne bekannt, die ihm erheblich schaden könnten. In zwei Interviews gab sie zu Protokoll, dass ihr damaliger Mann sie von den Vorzügen einer "offenen Ehe" habe überzeugen wollen, in der er ungestört eine Affäre mit einer Mitarbeiterin im Kongress (seiner heutigen Ehefrau Callista) hätte unterhalten können.
Gingrich versucht, sich bei der Vorwahl in South Carolina als konservative Alternative zum bisherigen Favoriten im republikanischen Präsidentschaftsrennen, Mitt Romney, zu positionieren. Gerade bei konservativen, sehr religiösen Wählern in South Carolina aber könnte ihn eine solche Geschichte offenkundiger ehelicher Untreue Stimmen kosten.
Romney unter Druck
Das Rennen in South Carolina ist spannend. Noch zu Beginn der Woche hatte alles auf einen klaren Erfolg Romneys hingedeutet. Nach einem guten Ergebnis in Iowa und seinem Triumph in New Hampshire wäre ihm nach einem Sieg in South Carolina wohl die Nominierung kaum mehr zu nehmen, nicht zuletzt, weil sich unter seinen Konkurrenten keine klare Alternative abzeichnete. Das schien sich im Laufe der Woche zu ändern, als Romney wegen seiner niedrigen Steuerzahlungen und unglücklicher Äußerungen zunehmend unter Druck geriet und Gingrich in Umfragen nach oben kletterte.
Auf einmal sagten drei Meinungsforschungsinstitute sogar einen Sieg Gingrichs voraus. Zwar liegt Romney im Durchschnitt der Umfragen, die diese Woche gemacht wurden, mit 31,8 Prozent noch knapp vor Gingrich mit 30,6. Aber die Werte sind so dicht beieinander, dass eine Prognose über den Ausgang der Vorwahl als unmöglich erscheint. Die beiden übrigen Kandidaten, der libertäre Kongressabgeordnete Ron Paul und der konservative Ex-Senator Rick Santorum, kommen auf 14,4 und 12 Prozent.
Zusätzliche Bewegung war am Donnerstag in das Rennen gekommen, als der texanische Gouverneur Rick Perry überraschend seinen Ausstieg bekannt gegeben und zur Wahl Gingrichs aufgerufen hatte. Da ging die fast zeitgleich bekannt gewordene Meldung aus Iowa fast unter, dass die republikanische Partei bei einer Überprüfung des ultraknappen Ergebnisses des Caucus dort, der ersten Vorwahlentscheidung am 3. Januar, nun den Sieg Rick Santorum und nicht mehr Mitt Romney zuschlug. In der Wahlnacht hatte sie Romney noch zum Gewinner erklärt mit der denkbar knappen Marge von acht Stimmen. Jetzt kamen sie bei einer Nachzählung auf 34 Stimmen Vorsprung - für Santorum. Sollte der jedoch nun in South Carolina auf dem letzten Platz landen, wie es die Umfragen nahelegen, dürfte es das Aus für seine Bewerbung bedeuten. Er verfügt offenbar weder über die Organisation noch über die finanziellen Mittel, den Wahlkampf über eine längere Zeit fortzuführen.
In einer TV-Debatte am Donnerstagabend wurde zudem wieder die Schwäche Romneys deutlich, die ihm in den vergangenen Tagen erhebliche Probleme bereitet hatte: sein offenkundig enormes Einkommen und eine vergleichsweise niedrige Steuerrate. Erneut von seinen Konkurrenten bedrängt, seine Steuererklärung zu veröffentlichen, geriet der sonst so unerschütterlich wirkende Kandidat ins Stottern und kündigte an, sie erst im April veröffentlichen zu wollen, also nach den entscheidenden Vorwahlen. Daraufhin wurde er vom Publikum im Saal ausgebuht. Anfang der Woche hatte der Multimillionär eingeräumt, auf den Großteil seiner Einkünfte nur 15 Prozent Kapitalertragsteuern zu zahlen.
Sein schärfster Konkurrent versuchte die Situation sofort zu nutzen: "Wenn irgendetwas in der Steuererklärung drinsteckt, das dazu beitragen könnte, dass wir die Wahl im Herbst verlieren, dann sollten wir es vor der Nominierung wissen", sagte Gingrich. "Und wenn nichts drinsteckt, warum sollte man sie nicht jetzt freigeben?" Gingrich selbst hatte seine Steuererklärung Stunden zuvor veröffentlicht. Danach verfügt er über ein Jahreseinkommen von mehr als drei Millionen Dollar und führt davon 31,6 Prozent als Bundessteuer ab - deutlich mehr als Romney.
Perry eilt Gingrich zur Hilfe
Eine genauere Analyse der Umfragedaten aus South Carolina ergibt, dass Gingrich die Wahl tatsächlich knapp für sich entscheiden könnte. Doch geht daraus auch hervor, dass Gingrich relativ wenig Rückhalt bei Frauen findet - da könnten ihm die Interviewäußerungen seiner ehemaligen Frau zusätzlich schaden.
Gingrich versuchte sich noch am Donnerstag in Schadensbegrenzung. In der TV-Debatte bezeichnete er die Darstellung seiner Ex-Frau als "falsch" und nannte es "ekelhaft", dass der Moderator die Debatte mit einer Frage nach seiner gescheiterten Ehe eröffnet habe. Auch sein neuer Bundesgenosse Rick Perry eilte ihm zur Hilfe: "Newt ist nicht vollkommen", sagte er in einem offenkundigen Appell an evangelikale Wähler, Gingrich mögliche Fehltritte zu vergeben, "aber wer von uns ist das schon?"