Vor dem G-20-Gipfel:Gabriel fällt Merkel in den Rücken

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Kanzlerin Merkel ist gerade in Kanada zum G-20-Gipfel gelandet, da mault SPD-Chef Gabriel über ihre Wirtschaftspolitik: US-Präsident Obama liege richtig mit seiner Kritik an Merkels einseitigem Sparkurs.

Vor dem Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer hat der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Kritik der USA an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unterstützt. "Wir müssen auch über Investitionen reden und nicht nur über Sparpakete", sagte er der Financial Times Deutschland.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zeigt Verständnis für die Kritik des US-Präsidenten Obama an der deutschen Sparpolitik - ganz im Gegensatz zu seiner Bundeskanzlerin. (Foto: ddp)

US-Präsident Barack Obama hatte unter anderem Deutschland gewarnt, mit einem zu harten Sparkurs die Erholung der Weltwirtschaft abzuwürgen. Die deutsche Regierung hatte am 7. Juni das größte Sparpaket in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen. Bis 2014 sollen ungefähr 80 Milliarden Euro eingespart werden.

Mit Blick auf den G-20-Gipfel in Toronto sprach sich Gabriel für eine härtere Regulierung der Finanzmärkte aus. "All die Aufsichtsmaßnahmen, die wir derzeit diskutieren, sind notwendig, aber nicht hinreichend", sagte er. Das einzig richtige Instrument sei die sogenannte Volcker-Regelung, also eine strikte Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken. "Wir müssen endlich ein Schild an die Eingangstür der Investmentbanken nageln, auf dem steht: Hier endet die Staatshaftung", sagte Gabriel.

Der Präsident des deutschen Sparkassenverbands, Heinrich Haasis, hat sich für Finanzmarktreformen ausgesprochen, die stärker auf den Krisenverursacher zugeschnitten sind. Die geplante Bankenabgabe werde diesem Ziel aber nicht gerecht, sagte er der Stuttgarter Zeitung. "Damit werden auch Kreditinstitute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken belastet, die keinen Anteil an der Krise haben", argumentierte der Sparkassenchef. Haasis hält eine Finanztransaktionssteuer für den besseren Weg, auch wenn diese zunächst nur auf europäischer Ebene eingeführt werden könnte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist unterdessen in Kanada zum G8-Gipfel der sieben größten Industriestaaten und Russlands eingetroffen. Nach der Landung in Toronto (Ontario) ging es per Hubschrauber zum gut 220 Kilometer nördlich gelegenen Gipfelort Huntsville weiter.

Direkt im Anschluss an das zweitägige G-8-Treffen startet am Samstag in Toronto der deutlich größere G-20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer. Wichtigste Themen der zwei Treffen von Staats- und Regierungschefs sind die Weltwirtschaft sowie strengere Regeln für Banken und die Finanzmärkte.

Auf den Gipfeltreffen wird mit wenig Einigung hinsichtlich der Maßnahmen zur Regulierung der Weltwirtschaft gerechnet. Während sich viele Volkswirtschaften in Asien nach der schweren globalen Krise erholen, warten vor allem die USA und große europäische Länder wie Großbritannien und Spanien weiter auf eine spürbare Besserung. US-Präsident Barack Obama hatte schon vor dem Gipfel seine europäischen Partnern gewarnt, staatliche Hilfen zu früh runterzufahren und so den beginnenden Aufschwung in den USA abzuwürgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel tritt unter dem Eindruck des Fast-Bankrotts Griechenlands auf die Spar-Bremse. Sie argumentiert, dass nur gesundende Staatshaushalte eine dauerhafte Erholung der Weltwirtschaft garantieren.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wies den Vorwurf zurück, die Europäer hätten ihre Staatsschulden nicht im Griff. "Die gesamtstaatliche Verschuldung der Eurozone ist niedriger als die Japans oder der USA", sagte Barroso nach der Ankunft in Toronto. Japan und USA sind ebenso Mitglieder der G8 wie Kanada, Russland, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien.

Die Europäer wollen, dass spätestens von 2011 an die Defizite zurückgefahren werden. Die USA pochen hingegen darauf, notfalls auch mit staatlichen Mittel die Wirtschaft anzukurbeln, bis die Wachstumsraten rund um den Globus zulegen. Obama kämpft gegen eine hohe Arbeitslosigkeit im Land.

Der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte, die Europäer wollten sparen, um das Vertrauen wiederherzustellen. "Es geht nicht darum, dass wir ein Problem haben, die Defizite zu finanzieren." Ausnahme sei aber Griechenland, für das ein Rettungspaket von 110 Milliarden Euro aufgelegt wurde.

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