Verteidigungsminister Guttenberg:Rücktrittsgerüchte und Dementis

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Ein Minister fühlt sich ignoriert: Wegen der Streitigkeiten über Wehrpflicht und Kundus-Affäre soll Verteidigungsminister Guttenberg mit dem Äußersten gedroht haben. Unterdessen taucht ein entlastendes Protokoll auf.

Während Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Vorstoß zur Abschaffung der Wehrpflicht verteidigen muss, gibt es Gerüchte, er denke darüber nach, zurückzutreten - weil er sich bei den Untersuchungen zur Kundus-Affäre übergangen fühlt.

Lässt Gerüchte über Rücktrittsgedanken dementieren: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (Foto: dpa)

Guttenberg spielt angeblich mit dem Gedanken an Rücktritt. Er habe gegenüber Freunden und Vertrauten gesagt, dass er ernsthaft darüber nachdenke, schreibt die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Das Ministerium dementiert den Bericht: "Das entbehrt jeder Grundlage" und "die Meldung ist nicht zutreffend", heißt es aus Berlin.

Grund für Guttenbergs Überlegungen ist dem Bericht zufolge, dass er sich bei der Erstellung eines Gutachtens zum Kundus-Untersuchungsausschuss ignoriert fühle. In dem Gutachten gehe es um die Frage, ob der Bundestag den Minister dazu zwingen könne, an einer Gegenüberstellung mit Wolfgang Schneiderhan, dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, und Peter Wichert, dem früheren Verteidigungsstaatssekretär, teilzunehmen.

Das Kanzleramt stellt die Sache anders dar: Der Minister sei informiert gewesen. Guttenberg sagte der FAS: "Solche Vorgänge lassen sich kaum kommentieren."

Wegen des Streits über die von ihm angestoßene Aussetzung der Wehrpflicht soll der Minister dem Bericht zufolge bereits während der Sparklausur der Regierung mit Rücktritt gedroht haben. Guttenberg habe gesagt, dass ihm eine Fortführung seines Amtes nicht möglich sei, wenn er die geforderten Einsparungen ohne die von ihm geplante Strukturreform zu erbringen hätte.

"In zehn Jahren abgeschafft"

Trotz der Kritik bekräftigte Guttenberg seinen Vorstoß: Der Minister sagte dem Spiegel, es werde die Wehrpflicht im Grundgesetz zwar noch geben, "faktisch wird sie in zehn Jahren wohl abgeschafft sein". Bei einer "hochprofessionellen, bestens ausgerüsteten und flexiblen Einsatzarmee" gebe es kaum noch Kapazitäten, Rekruten auszubilden. Dass die Strukturen der Bundeswehr sich ändern müssten, sei eine "grundsätzlich erkannte Notwendigkeit", sagte der CSU-Politiker: "Wir müssen in den kommenden Jahren Milliardenbeträge einsparen. Sparen ohne Reform ist nicht denkbar."

Für seinen Vorstoß erhält er nun auch Unterstützung vom saarländischen SPD-Chef Heiko Maas. "Die Wehrpflicht hat sich überlebt", sagte das SPD-Präsidiumsmitglied Spiegel Online. Sie sei "nicht mehr gerecht und nicht mehr zeitgemäß". " Wehrpflicht und Zivildienst sollten durch "ein allgemeines soziales Pflichtjahr für alle jungen Erwachsenen" ersetzt werden. Die meisten Parteikollegen Maas' wollen die Wehrpflicht jedoch erhalten.

Der Verteidigungsminister soll bis Anfang September klären, welche Folgen eine Verkleinerung der Truppe um bis zu 40.000 Soldaten hätte. Dabei soll auch die Zukunft der Wehrpflicht geprüft werden. Unterdessen dementierte das Verteidigungsministerium Berichte, wonach die Bundeswehr bereits mit der Abschaffung der Wehrpflicht plane, obwohl Guttenberg eine Aussetzung "ergebnisoffen" prüfen will.

Noch ein Dementi

Als falsch bezeichnete ein Ministeriumssprecher einen Focus-Bericht, wonach bereits ab November keine Einberufungsbescheide mehr verschickt und damit zum folgenden Stichtag 1. Januar 2011 keine Wehrdienstleistenden mehr eingezogen werden sollen, auch wenn noch keine formale Entscheidung über die Aussetzung der Wehrpflicht getroffen sein sollte. Die Frankfurter Rundschau berichtete, Generalinspekteur Volker Wieker habe am Donnerstag die Inspekteure der Teilstreitkräfte angewiesen, nur noch mit einer Truppenstärke von 150.000 Soldaten zu planen. 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten sollen demnach bis 2014 entlassen werden, neue Rekruten schon von nächstem Jahr an nicht mehr eingezogen werden

Unterdessen deutet sich in der Kundus-Affäre eine Entlastung Guttenbergs an: Das Magazin Spiegel schreibt, ihm liege ein handschriftliches Protokoll vor, das die Anwesenheit von Brigadegeneral Peter Braunstein bei einem Treffen ranghoher Beamter mit Guttenberg im November 2009 belege. Dieses Protokoll von Guttenbergs Büroleiterin Sabine Bastek sei vergangene Woche dem Untersuchungsausschuss übergeben worden. Es könne den Minister entlasten. Das Verteidigungsministerium wollte sich dazu nicht äußern.

Der Verteidigungsausschuss des Bundestags will den von einem Bundeswehroberst befohlenen Luftangriff auf zwei Tanklaster in der afghanischen Provinz Kundus am 4. September 2009 aufklären, bei dem bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt wurden. Guttenberg hatte im Zusammenhang mit der Affäre Generalsinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert entlassen, weil er sich von ihnen schlecht informiert fühlte. Bei dem entscheidenden Gespräch am 25. November 2009 war Guttenbergs Darstellung zufolge neben Schneiderhan, Wichert und Büroleiterin Bastek auch Braunstein dabei. Wichert und Schneiderhan bestreiten das. Braunstein hatte laut Bild-Zeitung seine Teilnahme an dem Gespräch allerdings auch bestätigt.

© sueddeutsche.de/dpa/apn/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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