Spangdahlem:Nach Bidens Sieg setzt Rheinland-Pfalz auf Rückzug vom Abzug

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Der neue US-Präsident Joe Biden hält eine Ansprache. (Foto: Andrew Harnik/AP/dpa/Archivbild)

Mit der Wahl des neuen US-Präsidenten Joe Biden sind in Rheinland-Pfalz die Hoffnungen auf einen Verbleib der US-Soldaten im Bundesland gewachsen. "Wir gehen...

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Mainz (dpa/lrs) - Mit der Wahl des neuen US-Präsidenten Joe Biden sind in Rheinland-Pfalz die Hoffnungen auf einen Verbleib der US-Soldaten im Bundesland gewachsen. „Wir gehen davon aus, dass jetzt viele Dinge in Bewegung kommen“, sagte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher, Manfred Rodens (CDU), am Montag. Er sei „ganz optimistisch“, dass die Dinge „zu unseren Gunsten“ ausfallen würden, und erwarte, dass es zu Gesprächen über die Abzugspläne komme. „In dieser Frage ist auf jeden Fall das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ Über den Sieg von Biden sei er „sehr erleichtert“.

US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, die auf der Air Base Spangdahlem in der Eifel stationierte F-16-Kampfjetstaffel nach Italien zu verlegen. Dies hatte im Sommer einen Schock in der Region ausgelöst - auch, weil mit dem Weggang von geschätzt 2000 von 4000 Soldaten erhebliche wirtschaftliche Einschnitte erwartet werden.

Der erste Beigeordnete des Eifelkreises Bitburg-Prüm, Michael Billen (CDU), sagte: „Ich gehe davon aus, dass sich die Pläne mit dem Wahlergebnis erledigt haben.“ Seit der Ankündigung der Pläne sei „kein Millimeter davon“ umgesetzt worden. „Es war eine Trotzreaktion von Trump.“ Trump hatte den Teilabzug unter anderem mit den aus seiner Sicht geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands begründet.

Der US-Flugplatz Spangdahlem sei strategisch und militärisch für die Amerikaner nicht zu ersetzen, betonte Billen. Er gehe davon aus, dass die von den USA für Deutschland angekündigte Reduzierung um ein Drittel der rund 36 000 Soldaten insgesamt vom Tisch sei. Deutschland müsse sich aber mehr an den Kosten beteiligen und stärker für eine europäische Verteidigungspolitik einsetzen, sagte Billen weiter.

Die F-16-Staffel mit rund 20 Flugzeugen, die weltweit Einsätze der US-Air Force und der Nato unterstützt, ist das Kernstück des Flugplatzes. Zum 52. Jagdgeschwader gehören nach Angaben des Flugplatzes mitsamt Angehörigen rund 10 000 Amerikaner. Der Flugplatz ist auch Arbeitgeber für etwa 700 deutsche Beschäftigte.

Mit der Wahl von Biden werde sich das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA auf höchster Ebene wieder verbessern, sagte der erste Beigeordnete der Gemeinde Spangdahlem, Klaus Rodens. „Man spricht wieder miteinander.“ Er sei überzeugt, dass aber auch „unter einem neuen Präsidenten die Verlegung immer noch eine Diskussion sein wird“ - und zwar mit Blick auf das Nato-Ziel, dass jedes Mitgliedsland zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben soll.

Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) erhoffen sich von Bidens Sieg positive Auswirkungen auf den Verbleib der US-Truppen. Die US-Präsenz sei nicht nur seit vielen Jahrzehnten ein wichtiger Teil der internationalen Sicherheitspolitik, sondern auch geprägt von einer engen und freundschaftlichen Beziehung der Menschen zueinander, teilte Dreyer mit. Lewentz hofft, dass die Entscheidung, das Geschwader von Spangdahlem nach Italien zu verlegen, erneut überlegt wird - „sowohl aus militärisch-strategischer als auch aus finanzieller Sicht“.

Die Bundesbevollmächtigte der Landesregierung, Heike Raab (SPD), sprach sich für Gespräche über die Zukunft der US-Truppenstandorte in Rheinland-Pfalz aus, sobald Biden die Regierungsgeschäfte übernommen hat. Dabei gehe es darum, sichere Informationen zu erhalten, teilte Raab am Montag nach einem Gespräch mit Verteidigungs-Staatssekretär Peter Tauber (CDU) mit.

Ein Abzug der US-Truppen und deren Familien träfe die Kommunen, das wirtschaftliche, gesellschaftliche und das Vereinsleben schwer, erklärte Raab. „Sollten Maßnahmen erforderlich werden, so müssten diese mit den betroffenen Landkreisen und orientiert an den lokalen Bedürfnissen auf den Weg gebracht werden“, fügte sie hinzu. In ihrem Gespräch mit Tauber sei es deshalb auch um mögliche Hilfen des Bundes gegangen; beispielsweise über Förderprogramme.

„Natürlich verbindet die Garnisonsgemeinden die Hoffnung, dass die angekündigte Verlagerung und Umstrukturierung so nicht kommen wird“, sagte der Bürgermeister von Ramstein, Ralf Hechler (CDU). „Aber auch, wenn die Sache selbst nicht einfacher wird - zumindest der Ton dürfte höflicher werden.“ Er selbst nehme bei Menschen in Ramstein viel Erleichterung wahr. „Viele fürchteten bei vier weiteren Jahren Trump eine weitere Achterbahnfahrt der Entscheidungen.“ Von US-Seite gebe es noch keine Stellungnahme. Ramstein ist mit seiner Air Base seit fast 70 Jahren ein Synonym für amerikanische Präsenz in Deutschland und beheimatet die größte US-Militärgemeinde außerhalb der USA.

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Cornelia Willius-Senzer sagte in Mainz, was den möglichen Teilabzug betreffe, dürfe man für einen Kurswechsel nichts unversucht lassen. „Die Soldatinnen und Soldaten sind Botschafter einer großen Nation. Wir wollen, dass sie bleiben“, betonte sie. Willius-Senzer sprach sich zudem mit Nachdruck für ein Ende der US-Strafzölle für Winzer auch aus Rheinland-Pfalz aus.

Der rheinland-pfälzische Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun sagte mit Blick auf die Wahl von Biden: „Wir gratulieren natürlich von Herzen.“ Nun gebe es die Hoffnung auf einen Aufschwung der transatlantischen Beziehungen und des weltweiten Klimaschutzes. Braun äußerte auch die Hoffnung, dass die Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und dem US-Bundesstaat South Carolina nach einem Ende der Corona-Reisebeschränkungen wieder gestärkt werden könne.

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