Vereinigte Arabische Emirate:"MbZ" ist jetzt auch offiziell mächtig

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Die Oberhäupter der sieben Vereinigten Arabischen Emirate wählten Mohammed bin Zayed (Mitte) zum neuen Präsidenten. (Foto: Hamad al-Kaabi/AFP)

Der langjährige De-facto-Herrscher Mohammed bin Zayed wird neuer Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate. Nun steht der einflussreiche Schattenherrscher im Rampenlicht.

Von Dunja Ramadan, München

Hochrangige Vertreter der internationalen Politik reisten am vergangenen Wochenende in die Vereinigten Arabischen Emirate, um Mohammed bin Zayed, dem neuen und dritten Präsidenten, zu kondolieren - darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Israels Präsident Isaac Herzog. Sein Vorgänger im Amt, Khalifa bin Zayed al-Nahyan, verstarb am vergangenen Freitag nach langjähriger Krankheit.

Am Samstag einigten sich die Herrscher der sieben Emirate auf dessen Halbbruder Mohammed, kurz MbZ genannt, als neuen Präsidenten. Der in Großbritannien ausgebildete Helikopterpilot war bereits vor dieser Entscheidung der mächtigste Mann im Land und einer der einflussreichsten Führer in der arabischen Welt. Seit 2014 gilt der 61-jährige Kronprinz von Abu Dhabi als De-facto-Herrscher in dem wohlhabenden Golfstaat, nachdem sein Bruder einen Schlaganfall hatte und kaum noch öffentlich auftrat. MbZ traf die wichtigsten außenpolitischen Entscheidungen, wie etwa den Eintritt in den saudisch-geführten Jemenkrieg 2015 oder die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel 2020, das sogenannte Abraham-Abkommen.

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Khalifa bin Zayed al-Nahyan war der zweite Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate und Emir von Abu Dhabi. Nachfolgen wird ihm wohl sein jüngerer Bruder Mohammed bin Zayed.

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Mohammed bin Zayed schwingt keine großen Reden, er ist vielmehr der stille Stratege im Hintergrund, doch das kann nicht über seine macht- und geopolitischen Ambitionen in der gesamten Region hinwegtäuschen. Im Süden Jemens finanziert er bis heute Söldner, in Libyen versorgte er General Khalifa Haftar mit modernen Drohnen, Kampfflugzeugen und Söldnern, auf die demokratischen Revolutionen des sogenannten Arabischen Frühlings reagierte er, indem er autokratische und nationalistische Kräfte unterstützte.

Seine Haltung zeigt sich nun auch im Umgang mit Russland. Statt Präsident Wladimir Putin auf westlichen Wunsch zu isolieren, öffnet Mohammed bin Zayed russischen Oligarchen aus dem Kreml-Umfeld Tür und Tor. Unter seiner Herrschaft haben sich die Emirate zu einem Zufluchtsort für reiche Russen entwickelt, wie kürzlich unter anderem die "Dubai uncovered"-Recherchen der Süddeutschen Zeitung zeigten. Kritische Stimmen werden in dem autokratisch geführten Wüstenstaat nicht geduldet. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem Überwachungsstaat entwickelt, in dem ausgeklügelte Hacking-Software zum Einsatz kommt, um politisch Andersdenkende auszuspähen.

Andersgläubige sind willkommen, Andersdenkende nicht so

Anders als sein saudischer Verbündeter Mohammed bin Salman, achtet Mohammed bin Zayed allerdings mehr auf sein Image im Westen. Er inszeniert sich gerne als toleranten Herrscher, der die Religionsfreiheit hochhält. So gibt es etwa ein Toleranzministerium, außerdem dürfen religiöse Minderheiten Gottesdienste feiern und Kirchen oder Tempel bauen. 2019 folgte der Papst einer Einladung der Emirate und besuchte damit zum ersten Mal die Arabische Halbinsel. Die Krux dabei: Andersgläubige sind willkommen, Andersdenkende nicht so.

Für sein Image nimmt MbZ auch Zerwürfnisse mit seinem Mentee, dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, in Kauf. Er zog seine Truppen 2019 offiziell aus dem Jemenkrieg zurück, als die internationale Kritik an der größten humanitären Krise der Welt lauter wurde. Durch die Abhängigkeit vom Tourismus - Dubai gilt mit jährlich fast 16 Millionen Besuchern als beliebtes Reiseziel - weiß MbZ, dass ihm internationale Kritik nicht egal sein darf.

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Wirklich viel ändern wird sich unter ihm wohl nicht. Mohammed bin Zayed ist der Sohn von Fatima bint Mubarak Al Ketbi, die als "Mutter der Nation" gilt. Er hat fünf Brüder, allesamt Geschäftsmänner und politische Amtsträger. Beobachter gehen nun von einer stärkeren Zentralisierung der Macht in Abu Dhabi aus und einem größeren Einfluss der Bani Fatima-Familie.

Ein Bruder wird bereits als nächster Kronprinz von Abu Dhabi gehandelt: Tahnoun bin Zayed Al Nahyan, 50, ist nationaler Sicherheitsberater der Emirate. Auch im Gespräch ist ein Halbbruder von MbZ, der jüngere Scheich Khaled bin Mohamed bin Zayed Al Nahyan, 40, Mitglied des Exekutivrates von Abu Dhabi. Die Entscheidung dürfte allerdings nicht allzu bald fallen, glauben Beobachter. Jetzt ist Mohammed bin Zayed erst mal offiziell der erste Mann im größten Emirat und im Staat.

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