Verdacht auf Beihilfe zum Mord:Polizei nimmt mutmaßlichen Auschwitz-Sanitäter fest

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Die Polizei hat in Mecklenburg-Vorpommern einen 93-jährigen ehemaligen SS-Mann festgenommen. Der mutmaßliche KZ-Sanitäter soll im September 1944 mit dafür verantwortlich gewesen sein, dass 1721 Menschen unmittelbar nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurden.

Ein 93 Jahre alter mutmaßlicher ehemaliger Sanitäter im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ist in Mecklenburg-Vorpommern festgenommen worden. Die Schweriner Staatsanwaltschaft wirft dem Rentner aus der Nähe von Neubrandenburg Beihilfe zum Mord in einer Vielzahl von Fällen vor, teilte die Behörde am Dienstag mit.

Der frühere SS-Mann soll durch seine Tätigkeit in dem Vernichtungslager im September 1944 den Lagerbetrieb und damit den Massenmord an Gefangenen unterstützt haben. Dabei geht es den Angaben zufolge besonders um acht Gefangenentransporte, die in dem fraglichen Monat im Lager Auschwitz eingetroffen seien. 1721 Menschen seien gleich nach der Ankunft in die Gaskammern geschickt worden, nachdem sie vom KZ-Personal als arbeitsunfähig eingestuft wurden. Die Transporte stammten aus unter anderem aus Wien, Westerbork, Lyon, Triest, Berlin, Stutthof und Kaunas.

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Der nun festgenommene Rentner sei nach der Durchsuchung seiner Wohnung von einem Arzt untersucht, dem Haftrichter vorgeführt und in Untersuchungshaft genommen worden, teilte die Schweriner Staatsanwaltschaft weiter mit. Den Angaben zufolge war er von 1940 bis 1945 Mitglied der Waffen-SS.

Die Schweriner Staatsanwaltschaft hatte den Fall von der Zentralen Ermittlungsstelle für NS-Verbrechen in Ludwigsburg überwiesen bekommen. Die Zentrale Stelle hatte bereits im September 2013 angekündigt, 20 Ermittlungsverfahren an die zuständigen Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland übergeben zu wollen. (Ein Interview mit dem Leiter der Ermittlungsstelle, Kurt Schrimm, der die Vorgehensweise bei den Ermittlungen erklärt und berichtet, gegen wie viele Personen aktuell noch ermittelt wird, finden Sie hier). Auch auf Initiative der Nazi-Jäger vom Jerusalemer Simon-Wiesenthal-Zentrum haben deutsche Behörden im November 2013 Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Nach Justizangaben laufen in Mecklenburg-Vorpommern derzeit keine weiteren Ermittlungen gegen ehemaliges KZ-Personal.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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