Krieg in der Ukraine:Russland reagiert harsch auf US-Waffenlieferungen

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US-Präsident Biden kündigt die Lieferung moderner Raketensysteme an die Ukraine an. Die Antwort aus Russland kommt prompt.

Russland warnt angesichts der weiteren Militärhilfe der USA an die Ukraine vor einer Eskalation. Jede Waffenlieferung an die Ukraine erhöhe die Gefahr einer direkten Konfrontation zwischen Russland und den USA, zitiert die Nachrichtenagentur Ria den stellvertretenden Außenminister. Die US-Regierung kündigte zuvor an, der Ukraine im Rahmen eines neuen Sicherheitspakets moderne Mehrfachraketenwerfer zur Verteidigung gegen den russischen Einmarsch liefern zu wollen.

Aus dem Weißen Haus hieß es am Dienstagabend (Ortszeit), die Ukraine habe zugesichert, mit dem in den USA hergestellten Artilleriesystem M142 HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) keine Ziele auf russischem Territorium anzugreifen. Das System sei Teil eines Pakets im Wert von 700 Millionen Dollar (652 Millionen Euro), das daneben unter anderem Raketen, Radarsysteme, Panzerabwehrwaffen vom Typ Javelin, Hubschrauber, Fahrzeuge und Ersatzteile beinhalte.

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Von Sebastian Gierke

US-Präsident Joe Biden hatte in einem Gastbeitrag für die New York Times geschrieben, mit den modernen Raketensystemen solle das angegriffene Land in die Lage versetzt werden, "wichtige Ziele auf dem Schlachtfeld in der Ukraine" präziser zu treffen. Biden versicherte zugleich: "Wir wollen keinen Krieg zwischen der Nato und Russland." Die USA versuchten auch nicht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu stürzen. Wenn Russland aber keinen hohen Preis für den Angriff auf die Ukraine bezahlen müsse, könne das zum Ende der regelbasierten internationalen Ordnung und zu katastrophalen Folgen weltweit führen. "Solange die Vereinigten Staaten oder unsere Verbündeten nicht angegriffen werden, werden wir uns nicht direkt in diesen Konflikt einmischen, weder durch die Entsendung amerikanischer Truppen in die Ukraine noch durch einen Angriff auf russische Streitkräfte", betonte der US-Präsident.

Die nun angekündigte Waffenlieferung ist laut Biden nicht als Ermutigung der Ukraine zu verstehen, jenseits ihrer Grenzen zuzuschlagen. "Wir wollen den Krieg nicht verlängern, nur um Russland Schmerzen zuzufügen", betonte der US-Präsident. Die Amerikaner würden dem ukrainischen Volk aber auch weiterhin beistehen, "weil wir wissen, dass es Freiheit nicht umsonst gibt". Die USA wollten eine demokratische, unabhängige, souveräne und wohlhabende Ukraine, die über die Mittel zur Abschreckung und Verteidigung gegen weitere Aggressionen verfügt. Außerdem versicherte Biden in seinem Gastbeitrag, dass die USA gemeinsam mit ihren Partnern weiter an Sanktionen gegen Russland arbeiteten.

Biden unterstrich, derzeit gebe es keine Anzeichen dafür, dass Russland die Absicht habe, in der Ukraine Atomwaffen einzusetzen. Die "gelegentliche Rhetorik Russlands, mit dem nuklearen Säbel zu rasseln", sei an sich aber schon gefährlich und unverantwortlich. "Um es klar zu sagen: Jeder Einsatz von Atomwaffen in diesem Konflikt, egal in welchem Ausmaß, wäre für uns und den Rest der Welt völlig inakzeptabel und hätte schwerwiegende Konsequenzen zur Folge."

Dass die USA die Lieferung des HIMARS-System in Erwägung zogen, hatten US-Medien bereits in der vergangenen Woche gemeldet. Biden hatte aber am Montag für Verwirrung gesorgt, als er sagte, man werde keine Raketensysteme in die Ukraine schicken, die russisches Territorium treffen könnten. Nach Darstellung seiner Sprecherin Karine Jean-Pierre meinte der Präsident, man werde keine Raketen "für den Einsatz außerhalb des Schlachtfelds in der Ukraine" liefern.

Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter sagte am Dienstagabend: "Die Ukrainer haben uns versichert, dass sie diese Systeme nicht gegen Ziele auf russischem Gebiet einsetzen werden." Die USA würden mit dem HIMARS-System Raketen liefern, die nur eine Reichweite von rund 80 Kilometern hätten - spezialisierte Raketen zur Verwendung in dem System können dagegen bis zu 300 Kilometer weit fliegen. Der Sender CNN hatte von Befürchtungen in der US-Regierung berichtet, dass ukrainische Angriffe auf russisches Gebiet Vergeltungsmaßnahmen gegen die USA zur Folge haben könnten.

Der Regierungsvertreter sagte bei einer Telefonschalte mit Journalisten, seit Mitte April hätten die Ukrainer auf die Lieferung von Artillerie gedrängt. Das sei für die USA zur "obersten Mission" geworden. Von 108 zugesagten Haubitzen aus US-Beständen vom Typ M777 seien fast alle bereits geliefert worden. Die Reichweite dieser Haubitzen wird mit rund 25 Kilometern angegeben. Die US-Regierung hat schon mehrere große Pakete zur Unterstützung der Ukraine auf den Weg gebracht. Erst kürzlich hatte der Kongress ein Hilfspaket für die Ukraine mit einem Volumen von fast 40 Milliarden Dollar beschlossen.

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