US-Präsidentschaftskandidat Amash:Trumps Gegner - und doch Trumps Helfer?

Lesezeit: 2 min

Justin Amash tritt im US-Wahlkampf nun als Kandidat der Libertären an. (Foto: J. Scott Applewhite/AP)

Justin Amash verachtet Donald Trump und will ihn als Kandidat der Libertären Partei aus dem Amt jagen. Doch ausgerechnet so könnte er dem US-Präsidenten den Vorsprung für seine Wiederwahl verschaffen.

Von Alan Cassidy, Washington

Justin Amash ist kein Freund von Donald Trump, im Gegenteil. Er hält ihn für einen ungeeigneten Präsidenten, der sich über die Verfassung hinwegsetzt. Amash sprach sich schon für Trumps Impeachment aus, als noch nicht einmal die meisten Demokraten so weit gehen wollten. Doch nun hilft der Abgeordnete Trump vielleicht dabei, vier weitere Jahre im Amt zu bleiben. Am Dienstag kündigte der 40-Jährige an, für die Libertäre Partei als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Damit, so fürchten viele Trump-Gegner, könnte er bei der Wahl eine entscheidende Rolle spielen - eine, über die sich Trump freuen wird.

Der Sohn eines Palästinensers und einer Syrerin wurde erstmals 2010 als Republikaner ins Abgeordnetenhaus gewählt. Es war das große Jahr der Tea Party, jener aufständischen Bewegung, die sich daranmachte, die Partei von innen umzukrempeln. Im Kongress war Amash Mitbegründer des House Freedom Caucus, einer einflussreichen Gruppe konservativer Hardliner. Dort fiel er durch bisweilen fundamentalistische Staatskritik auf. Spätestens nach der Wahl Trumps fühlte sich Amash jedoch in seiner Partei nicht mehr wohl. Er sei "der letzte Vertreter der Tea Party", sagte er einmal, der Letzte, der sich gegen eine übergriffige Regierung wehre. Im Juni 2019 trat er aus der republikanischen Fraktion aus, firmiert seither als Unabhängiger. Im Dezember stimmte er mit den Demokraten, Trump wegen Machtmissbrauchs anzuklagen.

Corona-Krise
:US-Wirtschaftsleistung bricht um 4,8 Prozent ein

Im ersten Quartal 2020 litt die Wirtschaft stark unter den Folgen der Pandemie. Experten rechnen trotz Beteuerungen der Regierung nicht damit, dass sich die Lage in den USA schnell bessert.

Von Claus Hulverscheidt

Hat so einer Chancen, Präsident zu werden? Nein. Doch gerade die Wahl vor vier Jahren hat unterstrichen, dass Kandidaten von Drittparteien den Ausgang durchaus prägen können. Das zeigt der Blick auf den Bundesstaat Michigan, in dem Amashs Wahlkreis liegt. Michigan gehört zu den umkämpften Staaten des alten Industriegürtels. Trump gewann dort 2016 mit nur 10 704 Stimmen Vorsprung auf die Demokratin Hillary Clinton - auch, weil der damalige Kandidat der Libertären 172 136 Stimmen auf sich vereinte. Ganz ähnlich sah das Bild in Wisconsin und Pennsylvania aus. Landesweit gingen rund vier Prozent aller Stimmen an Kandidaten von Drittparteien, zu denen auch die Grünen zählen. Wären in den umkämpften Staaten nur wenige dieser Stimmen auf Clinton entfallen, wäre Trump heute wohl nicht Präsident.

"Ich bewundere Ihren Mut, aber..."

Ob Amash eher Trump ein paar Tausend Stimmen abjagen wird oder dem Demokraten Joe Biden, lässt sich schwer voraussagen. Doch die Reaktionen auf seine Ankündigung erweckten den Eindruck, dass besonders Trumps Gegner in Sorge sind. Sie befürchten, dass konservative Wähler, die Trump ablehnen, bei der Wahl für Amash stimmen könnten statt für Biden. "Ich bewundere Ihren Mut, Trump entgegenzutreten. Aber zum Wohl des Landes bitte ich Sie dringend, Ihre Entscheidung zu überdenken", twitterte Brendan Boyle, Abgeordneter der Demokraten. Er schätze Amash für seine Prinzipien, schrieb der konservative Trump-Kritiker George Conway, der mit Trumps Beraterin Kellyanne Conway verheiratet ist. "Aber die einzige Wirkung, die Amash bei dieser Wahl haben kann, ist, Trumps Chancen zu vergrößern."

Amash sieht das wenig überraschend anders. Bei seiner Ankündigung schrieb er, dass die USA einen "ehrlichen, prinzipientreuen Präsidenten" bräuchten, der die Verfassung verteidige und die Menschen zusammenbringe. Und meinte damit: sich selbst.

© SZ vom 30.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Joe Biden
:Ein brisanter Vorwurf

Der damalige Senator Joe Biden habe sie 1993 sexuell belästigt, behauptet eine Juristin. Der heutige Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten bestreitet das - aber politisch könnten ihm die Vorwürfe schaden.

Von Alan Cassidy

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: