USA: Republikaner:Rechts ist nicht mehr rechts genug

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Der Rechtsruck der Republikaner in den USA geht weiter: Bei den Vorwahlen in Delaware triumphiert eine Tea-Party-Aktivistin, die Masturbation für eine Sünde hält. Die Parteispitze ist genervt - die Demokraten frohlocken.

Michael König

Waffenbesitz ist ein Grundrecht, Abtreibungen gehören verboten, Pornografie ist Teufelszeug und Masturbation ist Sünde. So sieht das Christine O'Donnell, aber wer die 41-jährige Amerikanerin deshalb als realitätsfremde Extremistin abtut, der hat die Rechnung ohne die Parteibasis gemacht.

Christine O'Donnell hat bei den Senatsvorwahlen der Republikaner in Delaware ihren gemäßigten Konkurrenten besiegt. Dabei hatte die Parteispitze einiges versucht, um den Triumph der Erzkonservativen zu verhindern. (Foto: Reuters)

Denn O'Donnell ist erfolgreich, sehr erfolgreich sogar: Mit 53 Prozent der Stimmen gewann die Politikerin im US-Bundestaat Delaware die Vorwahl der Republikaner. Obwohl die Parteispitze alle Register gezogen hatte, um ihrem Konkurrenten zum Sieg zu verhelfen.

Der heißt Michael N. Castle, war einmal Gouverneur von Delaware, sitzt seit 1993 im US-Repräsentantenhaus und gilt als honoriger Politiker. Aber das ist derzeit nichts, womit man bei den Republikanern punkten kann. Die erzkonservative Tea-Party-Bewegung bezeichnete Castle als "liberal", und das war durchaus als Schimpfwort gemeint.

Selbst Karl Rove ist nicht begeistert

Während hierzulande die CDU verzweifelt versucht, den Begriff "konservativ" mit neuem Leben zu füllen, rücken die Republikaner in den USA scheinbar unaufhaltsam nach rechts. Bereits in den Monaten zuvor hatten fundamentalistische Republikaner ihre moderaten Parteifreunde zum Teil eindeutig geschlagen: In Alaska, Colorado, Connecticut, Florida, Kentucky, Nevada und Utah triumphierten Kandidaten in den Vorwahlen für die Kongresswahlen, die mit der Tea-Party-Bewegung in Verbindung zu bringen sind.

Der erzkonservative Parteiflügel profitiert von der Unzufriedenheit der rechten Wählerschaft mit US-Präsident Barack Obama, dessen Politik in ihren Augen für Verschwendung, Sozialismus und zu viel staatliche Kontrolle steht.

Mit ihren Erfolgen bringt die Tea-Party-Bewegung jedoch die eigene Parteispitze immer mehr in Bedrängnis. Nach der Wahlnacht in Delaware schäumte selbst Karl Rove, einst wichtigster Berater des ehemaligen Präsidenten George W. Bush und berüchtigter Stratege der Partei, in einem Fernsehinterview: O'Donnell habe einige "verrückte Sachen" gesagt, die "einfach keinen Sinn ergeben".

Demokraten wittern Morgenluft

Wie viele führende Köpfe der Republikaner fürchtet Rove, Kandidaten wie O'Donnell könnten gemäßigte Wähler bei den Kongresswahlen abschrecken. Thesen wie jene, der Konsum von Pornovideos verletze die "Reinheit" eines Menschen und damit auch die "Reinheit seines Ehepartners", wie O'Donnell einst ausführte, seien zwar brauchbar, um eine parteiinterne Vorwahl zu gewinnen. Das gesamte Wahlvolk fühle sich davon aber eher nicht angesprochen.

Die Demokraten reagieren entsprechend, sie wittern ihre Chance, die prognostizierten Verluste abzumildern oder gar eine Trendwende zum Guten zu erreichen. Gerade noch rechtzeitig, denn die Wahlen im November sind entscheidend für die amerikanische Politik: Alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus werden dann neu vergeben, mehr als ein Drittel der Senatoren stellt sich zur Wahl, außerdem werden in 37 Bundesstaaten neue Gouverneure gewählt.

Derweil schießen sich die Demokraten auf Kandidatin O'Donnell ein: "Die Republikaner haben eine ultrarechte Extremistin gewählt, die nicht die Werte in Delaware widerspiegelt", ätzte etwa der demokratische Senator Robert Menendez (New Jersey).

"Wir können es schaffen"

Auch von der eigenen Partei darf die Abtreibungsgegnerin und Waffenliebhaberin, die von der umstrittenen National Rifle Association unterstützt wird, keinen Rückenwind erwarten. Bereits während ihrer Vorwahl-Kampagne waren Berichte lanciert worden, wonach O'Donnell Spendengeld veruntreut und ihren Lebenslauf frisiert habe. Schwer zu glauben, dass diese Gerüchte nun verstummen.

Wie amerikanische Medien berichten, haben Parteistrategen zudem bereits angekündigt, den Wahlkampf-Etat der Partei lieber in andere Staaten investieren zu wollen - die Siegchancen O'Donnells seien zu gering.

Die Kandidatin selbst zeigt sich zuversichtlich. Sie kann auf die Unterstützung der einstigen Gouverneurin von Alaska und Vize-Präsidentschaftskandidatin von 2008, Sarah Palin, bauen. In Richtung ihrer parteiinternen Gegner sagte sie: "Wenn wir dieselben Menschen, die gegen mich gearbeitet haben, dafür gewinnen können, für mich zu arbeiten, können wir es schaffen."

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