USA:Demokraten schauen vom Spielfeldrand zu

Trump hat keine Strategie. In diesen Tagen zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass die Berichte über das Chaos im Weißen Haus keine Übertreibung darstellen. Einen Plan, welche Projekte wann abgearbeitet werden sollen, gibt es offenbar nicht, oder es existieren verschiedene konkurrierende. Hätte Trump etwa sein politisches Kapital und die anfängliche Euphorie der Republikaner dafür genutzt, ein großes Infrastrukturprogramm mit Investitionen in Straßen, Brücken und Flughäfen durchzusetzen, wäre dies einerseits sofort und über Monate sichtbar gewesen und hätte andererseits die Demokraten im Kongress in eine knifflige Lage versetzt.

Die demokratischen Abgeordneten sind noch immer schockiert, dass Hillary Clinton eine Wahl verloren hat, die eigentlich nicht zu verlieren war - und können momentan vom Spielfeldrand zugucken, wie sich Trump und die Republikaner selbst zerlegen. Das neue AHCA-Gesetz, mit dem Obamacare ersetzt werden soll, würde wenig einsparen und 24 Millionen Bürgern ihren Schutz rauben - kein Wunder, dass die Umfragewerte dafür verheerend sind.

Hier offenbart sich das Debakel für den Präsidenten: Selbst wenn das von Kritikern sofort als Trumpcare bezeichnete Gesetz durchkommt, wird es dem Image der Republikaner schaden. In der New York Times raunen Trump-Vertraute nun, der Präsident werde eine Steuerreform präsentieren, wenn die Abstimmung am Freitag scheitert. Doch Trump hat nicht nur Zeit verloren: Viele seiner vollmundigen Steuersenkungsversprechen basierten darauf, dass durch die Abschaffung von Obamacare mehr Geld zur Verfügung stehen würde. Und eigentlich kann Trump an keinem Bruch mit Paul Ryan interessiert sein: Ohne einen Partner im Kongress kann er nichts machen.

Nancy Pelosi, die Chefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, spottet, dass Trump wie ein "Amateur" agiere, doch sie wirkt vorsichtig, als ob sie befürchte, dass der Milliardär seinen Willen irgendwie doch noch durchsetzt. Vor einer Woche wurde in diversen Medien - auch in der SZ - ein Spruch zitiert, den Ober-Insider Mike Allen von einem Washingtoner Beobachter hörte: "Motion is not movement". Sinngemäß: Bewegung ist nicht gleich Fortschritt.

Der rastlose Trump ist ständig in Bewegung, hetzt von Termin zu Termin und füllt die freien Stunden mit Interviews, Wahlkampf-Events und Tweets. Der Erfüllung seiner Ziele kommt er so nicht näher - womöglich bleibt Millionen Amerikanern vorerst ein Rückschritt erspart.

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