Verhältnis China - USA:Höfliches Gespräch als erste Botschaft

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Chinesischer Sicherheitsmann vor dem US-Konsulat in Chengdu (Archivbild) (Foto: AFP)

Die Schließung eines Generalkonsulats ist eine schwere diplomatische Waffe, aber nicht die einzige. Zum Anlass der US-chinesischen Spannungen: das Arsenal an Sanktionen.

Von Francesca Polistina, München

Erst ordnen die USA die Schließung des chinesischen Generalkonsulats in Houston an, als erwartete Reaktion fordern die Chinesen sie wiederum auf, die amerikanische Vertretung in der südwestchinesischen Stadt Chengdu dicht zu machen.

Übersetzt heißt das: Die zwei Weltmächte meinen es ernst, bis zum kompletten Abbruch der diplomatischen Beziehungen könnte es nicht mehr so weit sein. Dies würde durch die Schließung der Botschaft und der anderen Konsulate passieren, die im Moment noch offen und funktionsfähig bleiben.

Die Sprache der Diplomatie überlässt nichts dem Zufall. Um den eigenen Ärger auszudrücken oder ein anderes Land unter Druck zu setzen, steht den Staaten ein festgelegter Katalog von sogenannten "diplomatischen Sanktionen" zur Verfügung. Grundlage dafür ist das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen.

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Dieses regelt die diplomatischen Beziehungen von Staaten und die Immunität von Diplomaten, fast alle Länder weltweit haben es unterschrieben. Welche von den Sanktionsmöglichkeiten überhaupt angewendet wird, sagt viel aus über die Schärfe des Konflikts und die Vorhaben der jeweiligen Länder.

Normalerweise fängt man ganz unten an. Gibt es etwas zu beanstanden, wird zunächst der ausländische Botschafter höflich zu einem Gespräch einladen. Die Einladung zum Gespräch ist schon ein sanftes Signal dafür, dass man den eigenen Missmut, etwa über einen Vorfall, öffentlich ausdrücken und nicht auf sich sitzen lassen will. Sie gilt als moderate Form der Kritik und soll nicht den Eindruck erwecken, dass es zwischen den Ländern ein ernsthaftes Problem gibt.

Die folgende Stufe ist die förmliche Einbestellung oder das Zitieren des ausländischen Botschafters in das Außenministerium und das Überreichen einer Protestnote, auch "Demarche" genannt. Deren Ziel ist es, den Empfängerstaat zu beeinflussen und zu einer bestimmten Handlung zu bewegen.

Passiert dann nichts, droht die nächste Stufe: der Botschafter (und eventuell das Botschaftspersonal) wird zur persona non grata, zur unerwünschten Person, erklärt. Der Entsendestaat wird aufgefordert, den Botschafter abzuberufen; umgangssprachlich spricht man von einer "Ausweisung".

Diese gilt als eine der härtesten Sanktionen überhaupt, die ein Land setzen kann. Gleichzeitig kann man auch den eigenen Botschafter in das Heimatland zurückholen, vorübergehend oder dauerhaft.

Was danach folgt, ist die höchste Eskalationsstufe im diplomatischen Konflikt: der Abbruch der Beziehungen und damit die Schließung der Botschaft und der anderen Vertretungen, was sehr selten vorkommt. Wird eine Botschaft geschlossen oder muss sie geschlossen werden, übernimmt normalerweise ein Drittstaat die Vertretung. Das kann auch lange so bleiben: So vertritt die Schweizer Botschaft die Interessen der USA in Iran, und zwar bereits seit vierzig Jahren.

Im jetzigen Konflikt zwischen den USA und China befindet man sich noch nicht an diesem Punkt, denn auch vor einem kompletten Abbruch der diplomatischen Beziehungen gibt es Abstufungen. So gilt die Schließung eines Konsulats, welches der Botschaft untergeordnet ist und deshalb weniger wichtig ist, als Zeichen dafür, dass man noch nicht auf die ultima ratio zurückgreifen will - aber dass man sehr nah dran ist.

Tatsächlich haben die Beziehungen zwischen den zwei Großmächten China und USA einen weiteren Tiefpunkt erreicht; aus chinesischer Sicht ist das Verhältnis so schlecht wie seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 nicht mehr.

Außen- und innenpolitische Relevanz

Im diplomatischen Geschäft folgt auf eine drastische Maßnahme wie die Schließung eines Konsulats meist eine ähnliche Gegenreaktion, es war also zu erwarten, dass China eines der fünf Konsulate der USA in Chengdu, Guangzhou, Shanghai, Shenyang und Wuhan schließen würde.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurden diplomatische Sanktionen häufig als Maßnahmen im Zusammenhang von Kriegen eingesetzt. Heute haben sie auch eine innenpolitische Relevanz, um zu zeigen, dass man reagiert.

Neben den diplomatischen gibt es andere Sanktionen, auf die Staaten zurückgreifen können: dazu gehören Waffenembargos, Einreisebeschränkungen für gelistete Personen, das Einfrieren der Vermögenswerte oder Wirtschaftssanktionen unterschiedlicher Natur.

© SZ vom 25.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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