US-Wahlkampfspots:Wahlkampf von aggro bis gaga

Lesezeit: 4 min

Ein Baby im Trump-Strampler, Speck-Scherze, aggressive Rüpeleien: Im US-Wahlkampf zu den Zwischenwahlen präsentieren sich Kandidaten frech, streitlustig - oder extrem skurril.

Von Beate Wild, Austin

Republikanische Politiker liegen Donald Trump zu Füßen - vor den US-Zwischenwahlen ist das besonders gut zu beobachten. Ron DeSantis will Gouverneur von Florida werden. In seinem Wahlwerbespot spielt er mit seiner kleinen Tochter mit Bauklötzen. "Bau die Mauer!", feuert er sie an - was das Mädchen auch brav macht.

Die Mauer ist natürlich eine Anspielung auf Trumps geplante Grenzmauer zu Mexiko. Später im Clip liest DeSantis seinem Baby eine Gute-Nacht-Geschichte aus der Trump-Autobiographie "The Art of the Deal" vor und bringt es dann im roten "Make Amerika Great Again"-Strampler zu Bett. An den Wänden hängen Trump-Plakate.

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Ist das witzig? Oder nur ein plumper Versuch von DeSantis, seine Hingabe zum US-Präsidenten zu beweisen? Jedenfalls zeigt dieses Beispiel recht deutlich, was im amerikanischen Wahlkampf 2018 gilt: Der Schlüssel zum Erfolg lautet, für oder gegen Trump zu sein, je nach politischem Lager. Was DeSantis konkret vorhat, um das Leben der Menschen in Florida zu verbessern: irrelevant.

Im Midterm-Wahlkampf mangelt es nicht an schlechten, oft auch geschmacklosen, selten originellen Videos. Das verbindet beide Parteien in diesen polarisierten Zeiten. Wer will schon sehen, wie ein Kandidat Hände schüttelt, sich mit Helm auf einer Baustelle umsieht oder Kuchen im Altersheim verteilt? Das mag symphatisch wirken, aber Aufmerksamkeit erzeugt es nicht.

Pfefferspray ins Gesicht oder Speck braten

Also etwas Ausgefallenes, bitteschön. Am allerbesten so skurril, dass der Clip im Internet zirkuliert. Aufmerksamkeit bedeutet schließlich im besten Fall mehr Wählerstimmen. Zum Beispiel könnte man sich ja Pfefferspray ins Gesicht sprühen.

Levi Tillemann, demokratischer Kandidat für den Kongress in Colorado, hat das in seinem Filmchen ausprobiert. Um zu demonstrieren, dass Waffen im Klassenzimmer nichts zu suchen haben. Pfefferspray genüge gegen Angreifer. Gesagt, gesprüht - und geschrien. Minutenlang spült Tillemann sich seine feuerroten Augen aus, doch ohne Erfolg. Tillemann ist in den Vorwahlen ausgeschieden, aber das Video wurde ein Hit im Netz.

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Wenn der Wahlkampfspot nicht krass ist, soll er wenigstens witzig sein. Aber nicht zu frech. Man möchte ja Seriosität ausstrahlen. Bestes Beispiel: der republikanische Kongressabgeordnete Don Bacon. Der steht in seiner Küche und brät Speck. Bacon brät Bacon - was für ein Brüller. "Wenn du die Hitze aufdrehst, wird Bacon sogar noch besser", sagt der Kandidat.

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Solche Harmlosigkeiten wirken erfreulich, vergleicht man sie mit dem Hass, der inzwischen in der amerikanischen Politik herrscht. Scott Wagner etwa, der Gouverneur von Pennsylvania werden will, hat seine Wut zum Wahlkampf-Video gemacht.

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Er verfällt in eine Schimpftirade und bedroht seinen Konkurrenten, den demokratischen Amtsinhaber Tom Wolf. Er wolle "mit Golfschuhen mit Spikes über sein Gesicht stampfen", sagt er in geiferndem Ton. In den Umfragen liegt er trotzdem etwa 20 Prozentpunkte hinter Wolf.

Negativwerbung, bei der Gegenkandidaten angegriffen werden, liegt in diesem Wahlkampf stark im Trend. Eine Analyse des Wesleyan Media Project (WMP) hat ergeben, dass fast die Hälfte aller Spots auf Attacke setzen, anstatt die positiven Aspekte des Kandidaten oder sein Wahlprogramm in den Vordergrund zu stellen. Die Studie zeigt zudem, dass vor allem die Republikaner gerne ihre Gegner mit Dreck bewerfen (59 Prozent der Spots sind negativ). Die Demokraten zeigen sich etwas gemäßigter (nur 37 Prozent sind negativ).

Eine wichtige Rolle im medialen Schlammcatchen spielen die Super-Pacs, also Lobbygruppen, die Spenden für ihren Wunschkandidaten sammeln und meist von Superreichen unterstützt werden. Sie investieren in den Wochen vor der Wahl stark in TV-Spots, bei denen es üblich ist, die Mängel der anderen Partei aus ihrer Sicht herauszustellen. Die Super-Pacs sind offiziell nicht mit den Kandidaten verbunden und können deshalb sagen, was aus dem Munde der Politiker skandalös klingen würde.

Sozialismus als Schreckgespenst

In einem Video des republikanischen Super-Pacs "Future45" heißt es, die Demokraten seien hysterisch und gewalttätig. Unter den Bildern von Senator Bernie Sanders und der Kongresskandidatin Alexandria Ocasio-Cortez steht, die extreme Linke bewege sich auf den Sozialismus zu. Und dann werden ein paar Schrecklichkeiten genannt, an denen Demokraten die Schuld tragen sollen: offene Grenzen, höhere Steuern sowie eine Krankenversicherungspflicht für alle Amerikaner.

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Zweifellos funktioniert der Sozialismus als Schreckgespenst bei den Konservativen selbst drei Jahrzehnte nach Ende des Kalten Krieges noch prächtig. Und dass eine Krankenversicherung für alle Bürger ein teuflisches Werk wäre, gilt unter Republikanern ebenfalls als Tatsache.

Demokratische Kandidaten versuchen etwas häufiger, mit Humor und Popkultur-Referenzen die Wähler zu erreichen. Etwa Dean Phillips, der in Minnesota in den Kongress einziehen will. I n seinem Wahlkampfspot tritt Bigfoot auf, der sich auf die Suche nach dem republikanischen Amtsinhaber Erik Paulsen macht. Paulsen, so die Botschaft, würden die Wähler noch seltener zu Gesicht bekommen als das pelzige Waldwesen. Am Ende findet Bigfoot Paulsen bei einer Pharmafirma, eine Anspielung auf dessen Abhängigkeit von Spendern dort.

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Hayden Pedigo tritt zwar nur für den Stadtrat in Amarillo, Texas, an, doch der 24-jährige Musiker hat mit seinen surrealen Clips über die Grenzen der Stadt hinaus Berühmtheit erlangt. Er trägt einen Anzug aus den Achtzigern und vermisst zu Elektrosound den Gehweg. Junge Texaner sind von den eigenwilligen Videos begeistert. Auf Reddit diskutieren sie lebhaft über die 80er-Jahre-Ästhetik der Clips, die Botschaft und den Kandidaten.

Einer schreibt: "Das ist großartig, aber als Texaner habe ich mir schon immer gedacht, dass Amarillo voller alter Leute ist, die wahrscheinlich keine Ahnung haben, wie witzig das ist." Ob es Pedigo mit seiner Kampagne in den Stadtrat schafft und der David Lynch unter den Politikern wird, muss sich erst noch zeigen.

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Apropos Regisseure: Um den texanischen Senatskandidaten Beto O'Rourke zu unterstützen, drehte der Filmemacher Richard Linklater ("School of Rock", "Slacker") drei Videos. Sie attackieren den republikanischen Amtsinhaber Ted Cruz. Ein alter Texaner sitzt im Café und sinniert: "Wenn jemand meine Frau als Hund bezeichnen und sagen würde, dass mein Vater bei der Ermordung Kennedys dabei gewesen ist, würde ich nicht seinen Hintern küssen."

All diese Dinge hat Trump im Wahlkampf 2016 tatsächlich über Cruz gesagt. Zwei Jahre später stilisiert sich Cruz zum Trump-Freund erster Güte. Dass ihn der Clip als Opportunisten entlarvt, kommt bei den demokratischen Anhängern von O'Rourke selbstredend gut an.

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Sechs Geschwister gegen den eigenen Bruder

Die meisten Schlagzeilen allerdings erhielten in diesem Wahlkampf die sechs Geschwister des republikanischen Abgeordneten Paul Gosar, einem Rechtsausleger aus Arizona. In dem Spot zählen sie auf, was ihr - offensichtlich sehr verhasster - Bruder während der vergangenen Amtsperiode alles nicht für seine Wähler gemacht hat. Sie nennen ihn mehr oder weniger direkt einen Rassisten, kritisieren seine Haltung zu Einwanderung und Krankenversicherung.

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Am Ende empfehlen sie, David Brill, den demokratischen Konkurrenten des Bruders, zu wählen. Auf Twitter feuert der gedisste Bruder zurück: "Stalin wäre stolz."

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