Was als Demonstration gegen Barack Obamas Konjunkturpaket Ende 2009 begann, beeinflusst nun die Kongresswahlen im November. Zahlreiche Kandidaten der konservativen Tea-Party-Bewegung haben Vorwahlen - oft gegen den Willen des republikanischen Establishments - für sich entschieden. Die Grand Old Party betrachtet diese Politnovizen mit gemischten Gefühlen. Während sie sich über das Engagement der Tea-Party-Aktivisten nur freuen kann, ist deren Führungspersonal oft nicht besonders massentauglich. Die skurrilsten Kandidaten für Senat, Repräsentantenhaus und Gouverneursamt in Bildern.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Rand Paul: Senatskandidat aus Kentucky
Nachdem Rand Paul am 18. Mai die Vorwahl in Kentucky mit 24 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen hatte, wurde den Republikanern endgültig klar, dass sie die Tea Party unterschätzt hatten. Die Unterstützung des Parteiapparats sowie die Wahlempfehlung des mächtigsten Republikaners aus dem Kongress, Mitch McConnel, nützte Gegenkandidat Trey Grayson gar nichts gegen Pauls "randslide" (Wortspiel mit landslide = Erdrutsch). Doch schon wenige Tage nach seinem Sieg geriet der Sohn von Politiker Ron Paul unter Beschuss. Er hatte in mehreren Interviews gesagt, der Civil Rights Act von 1964, der die Gleichberechtigung der Rassen eingeführt hatte, werde zu großzügig ausgelegt. Zum Beispiel sollten seiner Meinung nach private Unternehmen das Recht haben, schwarze Kunden abzulehnen. Auch gegen Mindestlöhne und staatliche Sicherheitsstandards wendet sich der Senatskandidat.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Christine O'Donnell: Senatskandidatin aus Delaware
Skurrile Überzeugungen hat Christine O'Donnell. Die Kandidatin für den Senat hält Masturbation für eine Sünde, wer Pornos schaut, begeht ihrer Meinung nach Ehebruch und Aidskranke haben sich ihr Schicksal selbst zuzuschreiben. Auch bei ihrer Biographie bringt sie einiges durcheinander. So behauptete sie, die Universität Oxford besucht zu haben, musste kurz danach aber zu geben, dass sie nur einen Kurs besucht hatte, der in den Räumen der renommierten Institution stattfand. Dann stellte sich heraus, dass sie weder ihre Studiengebühren noch ihre Hypothek regelmäßig bezahlt hat. Die Nachricht, dass sie an Hexenzirkeln teilgenommen hatte, brauchte es da fast gar nicht mehr, um O'Donnel unwählbar zu machen. Sie liegt in Umfragen 16 Prozentpunkte hinter ihrem demokratischen Herausforderer - trotz Wahlempfehlung von Sarah Palin.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Rich Iott: Kandidat für das Repräsentantenhaus aus Ohio
Tea-Party-Kandidat Rich Iott trägt in seiner Freizeit gerne Uniformen - allerdings nicht nur, wie auf diesem Bild, welche aus dem amerikanischen Bürgerkrieg. Im Netz sind auch Fotos zu finden, auf denen der Neu-Politiker das Abzeichen der Waffen-SS am Revers trägt. Er selbst argumentiert mit "historischem Interesse" am Zweiten Weltkrieg - und bewundert die militärische Leistung von Adolf Hitlers Armee. Die republikanische Partei war gar nicht erfreut. Inzwischen ist Rick Scott nicht mehr im Komitee der "Young Guns", eine Gruppe junger, förderungswürdiger Herausforderer, zu finden.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Linda McMahon: Senatskandidatin aus Connecticut
Ebenfalls neu im politischen Geschäft ist Linda McMahon, die in Connecticut für den US-Senat gewählt werden will. Die Multimillionärin hat ihr Geld als Chefin des börsennotierten Medienunternehmens World Wrestling Entertainment gemacht, das vor allem an Schaukämpfen und TV-Rechten verdient. So konnte sie mehr als 40 Millionen Dollar ausgeben, um parteiinterne Konkurrenten mit teuren TV-Spots schachmatt zu setzen. Nun kämpft sie gegen einen Berufspolitiker der Demokraten, der sie nur zu gerne mit der Halbwelt des Wrestlings konfrontiert. Derzeit muss McMahon mehr über Steroid-Missbrauch, sexuelle Belästigung und Todesfälle bei Schaukämpfen reden als über Präsident Obama. Doch so richtig viel kann die 62-Jährige zur Politik ohnehin nicht sagen: "Steuern runter!" lautet ihr Programm - kein Wunder, bei einem Privatvermögen zwischen 150 und 400 Millionen Dollar.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Carl Paladino: Gouverneurs-Kandidat in New York
Auch Carl Paladino hat Geld, von dem er nicht wenig in seinen Wahlkampf gegen den Demokraten Andrew Coumo steckt. Beim Versuch, diesen wegen seiner Teilnahme an der Gay Pride Parade zu attackieren, feuerte Paladino allerdings auf sich selbst. Er sagte, er halte Homosexualität nicht für eine "gleichwertige und erfolgreiche Wahl" des Lebensstil - er wolle nicht, dass Kinder dieser "Gehirnwäsche" unterzogen werden. Im traditionell liberalen New York kamen diese Sätze nicht gut an - genauso wenig wie eine öffentlich gewordene E-Mail, die Paladino an Bekannte schickte. Darin ein Bild von Barack Obama, das den Präsidenten als Zuhälter und seine Frau Michelle als Prostituierte darstellte. Auch mit rassistischen Witzen und dem Vorschlag, Obdachlose in Gefängnissen unterzubringen, machte der Millionär bereits Schlagzeilen.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Sharron Angle: Senatskandidatin aus Nevada
Keiner sagt öfter Nein: Während ihrer Amtszeit im Landesparlament in Nevada stimmte Sharron Angle so oft gegen alles (und gegen ihre eigene Partei), dass solche Abstimmungsergebnisse nur noch "41 gegen Angle" hießen. Nun will die Erzkonservative im US-Senat Nein sagen - zur Mitgliedschaft der USA in den Vereinten Nationen, zur Sozialhilfe, die sie privatisieren will, und zu gleichen Rechten für schwule Paare. Sie behauptete auch, dass im Detroiter Vorort Dearborn eine "militante terroristische Gefahrenlage" vorherrsche und Scharia-Gerichte den Ort übernommen hätten. In Dearborn ist jeder dritte Einwohner Muslim.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Dan Maes: Gouverneurs-Kandidat in Colorado
Das Rennen von Tea-Party-Kandidat Dan Maes gegen den Demokraten John Hickenlooper machte Schlagzeilen, als Maes behauptete, ein Fahrrad-Verleih-Programm in Denver sei von den Vereinten Nationen gesponsort und würde die Freiheitsrechte der Bürger einschränken. Zu denen gehört offensichtlich Autofahren. Das macht Maes so gerne, dass er sich 40.000 Dollar Fahrtkosten von seinem eigenen Wahlkampfbüro erstatten ließ. Von der Finanzkontrolle bekam er dafür eine hohe Strafzahlung aufgebrummt, da es schlicht unmöglich sei, dass er tatsächlich so viel gefahren sei.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Joe Miller: Gouverneurs-Kandidat in Alaska
Joe Miller will als Gouverneur von Alaska in Sarah Palins Fußstapfen treten - und hat dafür auch den Segen der republikanischen Meinungsführerin. Es war vor allem ihre Wahlempfehlung, die Aufmerksamkeit auf Miller lenkte. Damit allerdings auch auf seine Widersprüche. Wie alle Tea-Party-Aktivisten wettert er leidenschaftlich gegen Subventionen und zu hohe Ausgaben der Regierung. Gleichzeitig hat er jedoch den Großteil seines Lebens von staatlichen Gehältern oder Zuwendungen gelebt. Auch ein Drittel von Alaskas Wirtschaftsaufkommen sind Regierungsprojekte - doch Miller glaubt: Sobald alle Umweltvorschriften abgeschafft sind, kommt Alaska auch ohne den Staat klar.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Rick Scott: Gouverneurs-Kandidat in Florida
"Juhu, sie haben einen korrupten Gesundheitsmanager aufgestellt", jubelten die Demokraten, als die Republikaner Rick Scott als Kandidat für Florida nominierten. Scott musste in den neunziger Jahren als Chef einer Krankenhauskette gehen und eine Strafe von 1,7 Millionen Dollar zahlen, weil er die staatlichen Hilfsprogramme Medicare und Medicaid massiv betrogen hatte. Er kämpft vor allem gegen Obamas Gesundheitsreform und warnt vor den Folgen eines "sozialistischen Gesundheitssystems".
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Ken Buck: Senatskandidat aus Colorado
Bis vor kurzem wollte Ken Buck noch die Wahl abschaffen, die er nun gewinnen will. Den 17. Verfassungszusatz, der die Direktwahl von Senatoren regelt, wollte er streichen. Der ehemalige Staatsanwalt findet außerdem, dass die Trennung zwischen Kirche und Staat zu strikt gehandhabt wird und dass es Kultusministerium und Energieministerium nicht wirklich braucht.
US-Wahl: Skurrile Kandidaten
Mike Lee: Senatskandidat aus Utah
Der Bundesstaat Utah ist so konservativ, dass auch ein extremer Tea-Party-Aktivist von den republikanischen Stammwählern gewählt wird. Es macht also nichts, dass Mike Lee Ölfirmen nicht mehr für Umweltkatastrophen haften lassen will und von einer mit steigendem Gehalt anwachsenden Einkommenssteuer wenig hält - er wird trotzdem gewählt werden. Die Erfolgschancen der anderen Tea-Party-Kandidaten sind nicht so gewiss. Ist die Unzufriedenheit mit der Regierung so groß, dass auch Betrüger, Nein-Sager und Rassisten gewählt werden? Oder schrecken solche Kandidaten moderate Wähler dann doch zu sehr ab? Die Wahl am 2. November wird es zeigen.