US-Truppenabzug:Obama beendet Irak-Einsatz zum Jahresende

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Der Irak-Krieg ist offiziell beendet: US-Präsident Obama will bis zum Jahresende die verbliebenen 40.000 Soldaten vollständig abziehen. Er versucht, diesen Schritt als Triumph seiner Politik darzustellen, der "in voller Übereinstimmung" mit der irakischen Regierung geschehe. Das allerdings dürfte nur die halbe Wahrheit sein.

Reymer Klüver, Washington

US-Präsident Barack Obama hat das offizielle Ende des Irak-Kriegs verkündet. In einer überraschend angesetzten Erklärung vor der Presse im Weißen Haus kündigte Obama den Abzug der verbliebenen gut 40.000 US-Soldaten aus Irak zum Jahresende an.

Zum Jahresende werden 40.000 US-Soldaten aus Irak zurückkehren. (Foto: ASSOCIATED PRESS)

"Nach fast neun Jahren wird Amerikas Krieg in Irak vorüber sein", erklärte Obama. "Die Iraker haben die volle Verantwortung für ihre Souveränität übernommen." Zwischen den USA und Irak werde es künftig wieder "normale Beziehungen wie zwischen souveränen Nationen üblich" geben. Die letzten US-Soldaten würden das Land "erhobenen Hauptes" in Richtung Kuwait verlassen.

Die Ankündigung Obamas kommt nicht wirklich überraschend. Bereits in den vergangenen Tagen hatte sich abgezeichnet, dass sich Washington und Bagdad nicht - wie ursprünglich geplant - auf ein neues Stationierungsabkommen einigen würden.

Obama versuchte den Abzug zum Jahresende, der bereits unter seinem Vorgänger George W. Bush vereinbart worden war, als Triumph seiner Politik darzustellen. Schon als Präsidentschaftskandidat habe er 2008 ein "verantwortungsbewusstes Ende" des Krieges versprochen. Das sicherzustellen sei eine seiner "höchsten Prioritäten" gewesen, sagte er in seiner rund sechsminütigen Erklärung. Nun könne er "wie versprochen" die verbliebenen Soldaten nach Hause holen. Zugleich erwähnte er, dass auch in Afghanistan der Abzug der Truppen begonnen habe. Und er betonte, wie bereits am Vortag, dass das Ende des libyschen Diktators Muammar Gaddafi ebenfalls einen Erfolg der amerikanischen Strategie darstelle.

Bagdad lehnt Immunität für US-Soldaten ab

Obama sagte, dass der vollständige Abzug "in voller Übereinstimmung" mit der irakischen Regierung geschehe. Das indes dürfte nur teilweise der Wahrheit entsprechen. Denn eigentlich wollten die Amerikaner zwischen 3000 und 5000 Soldaten weiterhin in dem Land stationiert lassen. Sie sollten weiterhin der irakischen Armee als Ausbilder zur Verfügung stehen. Auch hat das Pentagon offenbar Bedenken, dass die irakische Armee den Luftraum des Landes tatsächlich kontrollieren kann. Die Stationierung einiger tausend Soldaten entsprach offenbar auch den Vorstellungen des irakischen Premiers Nuri al-Malaki.

Allerdings hatten die USA darauf bestanden, dass den US-Soldaten wie bisher volle Immunität gewährt werden müsse. Das hatten indes die dem Regime des Nachbarlands Iran nahestehenden einflussreichen schiitischen Parteien in Irak abgelehnt. Radikale Milizen hatten sogar mit erneuter Gewalt gegen die US-Truppen gedroht. Und so hatte al-Malaki bereits vor Tagen alle Versuche aufgegeben, doch noch eine Regelung für den Verbleib der Amerikaner zu finden. Lediglich eine Resttruppe von rund 160 Soldaten wird in Bagdad bleiben, um den großen US-Botschaftskomplex zu schützen. Obama hatte nur Stunden vor seiner Erklärung in einem Telefonat mit al-Malaki den Abzug besiegelt. In dem Gespräch lud er den irakischen Premier für Dezember ins Weiße Haus ein.

Ursprünglich hatte das US-Verteidigungsministerium sogar zwischen 10.000 und 15.000 Soldaten in Irak lassen wollen. Diese Pläne hatte der Präsident aber bereits im Sommer kassieren lassen angesichts des politischen Widerstands in Irak und seines Wahlversprechens, alle US-Soldaten abzuziehen. Seither hatten sich die Verhandlungen mit Bagdad um die Stationierung von höchstens 5000 Soldaten gedreht.

Hintergrund für die Bestrebungen der USA, in Irak präsent zu bleiben, sind die kaum verhüllten Versuche Irans, das politische Geschehen in dem Nachbarland zu bestimmen. Als Hinweis an die Adresse Teherans dürfte der Satz Obamas zu verstehen sein, dass die USA darauf "bestehen" würden, dass Irak "stabil, sicher und selbständig" bleibe und dass "andere Nationen die irakische Souveränität respektieren".

Der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Dennis McDonough sagte nach dem Auftritt Obamas, dass die USA keine Truppen in Irak bräuchten, um den iranischen Einfluss zu kontern. Dafür gebe es andere Wege, unter anderem die Vereinten Nationen. "Wir machen uns keinerlei Sorgen, dass die Iraker ihre Souveränität nicht so, wie sie es wünschen, ausüben können", sagte er. Irak habe eine "positive Zukunft" vor sich.

© SZ vom 22.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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