Umstrittene Polizeiaktion:Stuttgart 21: Wasserwerfer-Opfer soll 120 000 Euro Schmerzensgeld bekommen

Dietrich Wagner ist seit dem "Schwarzen Donnerstag" im September 2010 nahezu blind. (Foto: picture alliance / dpa)
  • Das Land Baden-Württemberg hat den Opfern des Polizeieinsatzes vom 30. September 2010 Schmerzensgeld angeboten.
  • Die Demonstranten hatten gegen Baumrodungen im Zusammenhang mit dem Bahnhofsbauprojekt Stuttgart 21 protestiert und waren durch Wasserwerfer verletzt worden.
  • Der schwer an den Augen verletzte Rentner Dietrich Wagner soll 120 000 Euro bekommen. Sein Anwalt will das Angebot prüfen.

Mehr als sechs Jahre nach dem rechtswidrigen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Demonstranten im Schlossgarten hat das Land mehreren Opfern Schmerzensgeld geboten. Dietrich Wagner, der am "Schwarzen Donnerstag" schwer an den Augen verletzt wurde, seien 120 000 Euro angeboten worden, bestätigte dessen Anwalt einen Bericht von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten.

Der Rentner ist nach Druckstößen aus einem Wasserwerfer gegen seinen Kopf nahezu erblindet. Ein Foto, wie er am 30. September 2010 gestützt auf Helfer und aus den Augen blutend den Stuttgarter Schlossgarten verlässt, ging um die Welt. Bei dem Polizeieinsatz waren insgesamt mehr als 100 Menschen verletzt worden.

Die Angebote würden nun geprüft, sagte Rechtsanwalt Frank Ulrich Mann. Sie seien zumindest "diskutabel". Vier weiteren Gegnern des Milliardenprojekts Stuttgart 21 wurden laut Zeitungen vier- bis fünfstellige Euro-Beträge angeboten. Alle erlitten ihre schweren Verletzungen, als die Polizei Wasserwerfer gegen sie einsetzte. Die Demonstranten hatten dagegen protestiert, dass auf dem Baufeld die ersten großen Bäume gefällt werden sollten.

Vor knapp einem Jahr entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart, dass der Polizeieinsatz rechtswidrig war. Beim Protest gegen die Baumrodungen habe es sich rechtlich gesehen um eine Versammlung gehandelt. Für ein Vorgehen der Polizei gegen solche Versammlungen gibt es im Grundgesetz hohe Hürden. Zwar dürften die Beamten natürlich einzelne Straftaten verfolgen, nicht aber die gesamte Versammlung mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray beenden. Ohnehin sei das Vorgehen überzogen gewesen.

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