Ukraine-Krieg:Banken wechseln Geld der Geflohenen nicht

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32 ukrainische Hrywnja sind umgerechnet 1 Euro - aber viele Banken in Europa lehnen das Geld der Geflüchteten ab. (Foto: Andriy Prokopenko/getty images)

Ukrainer stehen nach der Flucht vor einem weiteren Problem: Europas Banken tauschen ihre Währung nicht in Euro. Die Bundesregierung sucht händeringend nach einer Lösung.

Von Markus Balser und Henrike Roßbach, Berlin

Die Zahlen wachsen Tag für Tag: Mehr als 109 000 Flüchtende aus der Ukraine sind nach Angaben der Bundesregierung bislang in Deutschland angekommen. Wer die Strapazen hinter sich hat, ist zwar in Sicherheit. Doch Flüchtlingshelfer berichten nun, dass die vor dem Krieg geflohenen Menschen in Deutschland vor einem bislang kaum beachteten Problem stehen.

Denn viele Ukrainerinnen und Ukrainer hätten zwar vor ihrer Abreise aus dem Kriegsgebiet schnell noch Ersparnisse abgehoben, um auch jenseits der Grenze Ausgaben bezahlen zu können. Doch in Deutschland müssen sie feststellen, dass ihr Bargeld praktisch wertlos ist. Banken lehnen es inzwischen in ganz Europa ab, die ukrainischen Devisen an ihren Schaltern in Euro zu tauschen. Die ohnehin schon schwierige Lage der Flüchtenden verschärft das deutlich. Denn viele sind nach ihrer Ankunft damit zunächst mittellos, obwohl sie eigene Reserven haben.

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Der Deutschen Bundesbank in Frankfurt ist das Problem bekannt. Die Währung sei praktisch nicht mehr "konvertibel", bestätigt eine Sprecherin. Das mache es den Banken unmöglich, die Barbestände zu tauschen. Der Grund: Die ukrainische Notenbank hatte einen "kriegswirtschaftlichen Modus" für die Währung ausgerufen. Damit kann sie nicht mehr gehandelt werden. Wer als Bank Devisen ankauft, geht das Risiko ein, keinen Abnehmer mehr zu finden. Den Instituten drohen Verluste.

In Berlin, der wichtigsten Anlaufstelle für Geflohene aus der Ukraine, bestätigt die Berliner Sparkasse, die generell seit Längerem keine Währungen mehr tauscht, die Probleme. "Seit Beginn des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine ist der Handel in Banknoten lautend auf Rubel und Hrywnja ausgesetzt", sagt ein Banksprecher. Ein Tausch der Währungen sei nicht möglich. "Die Deutsche Kreditwirtschaft - und als Teil derer unser Dachverband DSGV - sucht deshalb derzeit gemeinsam mit der Bundesbank nach einer Lösung."

Die Ukrainische Nationalbank empfiehlt den Flüchtlingen, ihr Geld nicht in bar mitzunehmen

Nach einer Lösung sucht auch die Bundesregierung. Doch die Zahl der beteiligten Lösungssucher macht bereits klar, dass mit einer ganz schnellen Lösung nicht zu rechnen ist. Aus dem Bundesfinanzministerium heißt es, der Sachverhalt betreffe mehrere Länder und bedürfe einer europäischen Lösung. Auch die Europäische Zentralbank beschäftige sich mit diesem Thema. Aus deutschen Regierungskreisen ist zudem zu hören, dass wegen des Umtauschproblems bereits mehrere Ministerien miteinander im Austausch stünden. Es gebe ein großes Interesse daran, den Geflüchteten zu helfen, heißt es, die Lösung aber sei kompliziert.

Die Ukrainische Nationalbank teilt mit, man arbeite mit den Zentralbanken der Nachbarländer an einer Lösung, das dauere aber. Sie empfiehlt daher aktuell allen Flüchtlingen, ihr Geld nicht in bar mitzunehmen. Stattdessen sollten sie es lieber auf ihre ukrainischen Konten einzahlen - und dann im Ausland per Karte bargeldlos bezahlen oder Geld in der jeweiligen Landeswährung abheben. Flüchtende aus der Ukraine haben zwar Anspruch auf Hilfe über das Asylbewerberleistungsgesetz. Allerdings ist das natürlich kein Ersatz dafür, auf seine eigenen Mittel zugreifen zu können.

Die Opposition im Bundestag mahnt wenigstens für Deutschland eine schnelle Lösung an. "Es ist ein gewaltiges Problem, wenn Frauen und Kinder, die vor dem Krieg Schutz finden, nach ihrer Ankunft feststellen, dass ihr gesamtes Geld wertlos ist, weil Banken den Umtausch in Euro verweigern", warnt Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. "Finanzminister Lindner ist aufgefordert, unverzüglich eine unbürokratische Lösung auf den Weg zu bringen", sagt Bartsch. Es müsse in dieser Ausnahmesituation möglich sein, dass ein bestimmter Betrag, der die ersten Tage nach Ankunft auch die Erstversorgung sichert, einzutauschen ist. "Das ist auch eine Frage des Respekts gegenüber Familien, die in den letzten Tagen vielfach alles verloren haben."

Falls eine staatliche Lösung nicht zustande kommt - oder jedenfalls nicht zeitnah -, wären auch private Initiativen denkbar. Ein Modell könnte es sein, Flüchtlingen nicht mit Geld oder Sachspenden zu helfen, sondern indem man sich bereit erklärt, einige ihrer Hrywnja in Euro zu tauschen.

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