Ukraine-Gipfel:Darauf haben sich Putin und Selenskij geeinigt

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Bitte Platz nehmen: Selenskij (l.) und Putin am Verhandlungstisch in Paris. (Foto: REUTERS)

Die beiden Staatschefs vereinbaren einen Waffenstillstand für die Ostukraine. In einem wichtigen Punkt gibt der russische Präsident aber nicht nach.

Von Philipp Saul

Drei Jahre nach dem letzten Treffen im sogenannten Normandie-Format 2016 sind die Präsidenten von Russland und der Ukraine in Paris zusammengekommen. Unter Vermittlung aus Deutschland und Frankreich wollten Wolodimir Selenskij und Wladimir Putin die Ostukraine dem Frieden näher bringen. In der Region kamen seit Ausbruch des Krieges 2014 nach UN-Angaben mehr als 13 000 Menschen ums Leben.

Wie war die Situation im Donbass vor dem Gipfel?

Festgefahren. Eigentlich gibt es mit dem Minsker Abkommen seit fast fünf Jahren einen Plan, um die Voraussetzungen für Frieden in der Ostukraine zu schaffen. Damals wurden ein Waffenstillstand, eine Amnestie für die Separatisten und die Wiederherstellung der ukrainischen Kontrolle über die eigene Staatsgrenze ausgehandelt.

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Die Präsidenten einigen sich unter deutsch-französischer Vermittlung zudem auf einen Gefangenenaustausch bis Jahresende. Kanzlerin Merkel zeigt sich zufrieden: "Wir haben heute die Zeit des Stillstands überwunden."

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Die sogenannte "Steinmeier-Formel", benannt nach dem ehemaligen deutschen Außenminister, sieht einen vorübergehenden Sonderstatus für die selbst ernannten "Volksrepubliken" Lugansk und Donezk vor, der nach freien und fairen Wahlen dauerhaft werden soll. Auch der Rückzug "aller bewaffneten Einheiten" wurde vereinbart - eine Umschreibung für die irregulären russischen Truppen in der Ostukraine.

Was ist das Problem am Minsker Abkommen?

2015 in Minsk vereinbarten die Konfliktparteien keine genaue Abfolge, in der die Beschlüsse umgesetzt werden sollen. Zwar hat sich der seit Mai 2019 amtierende ukrainische Präsident Selenskij inzwischen auf die sogenannte "Steinmeier-Formel" eingelassen, er fordert aber, dass zunächst alle bewaffneten russischen Kräfte abziehen müssen. Das wiederum will Putin nicht.

Trotz der Vereinbarung hielten die Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen an. Die Waffenruhe wurde ständig gebrochen.

Worauf haben sich Putin und Selenskij nun in Paris geeinigt?

Zunächst einmal haben sie sich zum Plan von Minsk bekannt. Mit dem Ergebnis des Gipfels von Paris versuchen die Staats- und Regierungschefs, dem Abkommen neues Leben einzuhauchen, indem sie teilweise konkrete Zeitvorgaben machen. Sie wollen "alle notwendigen Maßnahmen" einleiten, um bis zum Ende des Jahres eine "umfassende Umsetzung des Waffenstillstandes" zu erreichen. Selenskij sagte nach Abschluss des Gipfels allerdings: "Zum Waffenstillstand: Ich weiß ehrlich gesagt bisher nicht, wie die Situation kontrolliert werden kann."

Ebenfalls soll noch im Dezember ein großer Gefangenenaustausch stattfinden. Neben einem Truppenabzug aus einigen Gebieten der Ostukraine soll außerdem ein Plan zur Räumung von Minen umgesetzt werden, heißt es in der Gipfelerklärung. Merkel, Macron, Selenskij und Putin kündigten zudem an, sich schon innerhalb der nächsten vier Monate wieder im Normandie-Format zu treffen.

Welche Punkte sind noch offen?

Bei einem wichtigen Aspekt hat Putin keine Zugeständnisse gemacht. Russische Kräfte werden wohl nicht abziehen und die 35 000 von Russland ausgerüsteten Separatisten werden nicht entwaffnet. Auch eine Lösung zum Zeitplan für Regionalwahlen und zur Grenzkontrolle erzielten die Konfliktparteien nicht. Bevor in Donezk und Lugansk gewählt wird, will die Ukraine die vollständige Kontrolle über ihre Staatsgrenze zu Russland zurückgewinnen. Dazu ist Putin nicht bereit. Er besteht offenbar weiter darauf, dass zuerst gewählt wird. Das würde die Dominanz Moskaus stärken.

Auch im Streit um einen Gas-Transit durch die Ukraine nach Europa einigten sich Putin und Selenskij noch nicht endgültig. Russland steht bei den EU-Staaten als Erdgaslieferant in der Pflicht für die Energiesicherheit in Europa. Die Ukraine wiederum ist das wichtigste Transitland für russisches Gas und wegen ihrer schwierigen Finanzlage dringend auf die Gebühren für die Durchleitung angewiesen. Offenbar gibt es aber Fortschritte: "Mir scheint, dass wir die Blockade in dieser Frage überwunden haben", sagte Selenskij. Auf Beraterebene würden bereits die künftigen Mengen an Erdgas und andere Details des Transits besprochen.

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