Beginnen wir mit einer Preisfrage: Wann fand vor diesem Dienstag die letzte TV-Debatte der Demokraten statt? Antwort: Am 16. April 2008, als Hillary Clinton und Barack Obama um die Nominierung kämpften. Damals saß übrigens noch George W. Bush im Weißen Haus.
Macht erspart Diskussionen, vor allem, wenn sie in der Hand einer einzigen Person liegt: US-Präsident Obama ist seit 2010, als die Demokraten die Doppelkammer-Mehrheit im Kongress verloren, das einzige politisch handlungsfähige Parteimitglied in Washington. Wobei Handlungsfähigkeit dort in diesen Tagen eine relative Größe ist.
Die Jahre der Macht haben die Demokraten träge gemacht: Wie ausgezehrt sie personell sind, zeigte sich in der TV-Debatte von Las Vegas in erschreckender Deutlichkeit: Mit Jim Webb und Lincoln Chafee waren zwei der fünf Kandidaten rhetorische und inhaltliche Totalausfälle. Und selbst Martin O'Malley, mit 52 Jahren der Jüngste im Feld, lässt sich nur mit viel gutem Willen zu einem ernsthaften Konkurrenten erklären.
Verpasster Generationswechsel
Der Zermürbungskampf im Kongress, die permanente Stagnation in Washington hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass keine neuen Talente unter den Demokraten aufblühen konnten. Doch die Frühlings-Sehnsucht nach der mitreißenden Bankenkritikerin Elizabeth Warren (66) und der Sommertraum vom leutseligen Vizepräsidenten Joe Biden (bald 73) lassen erahnen, dass sich die Partei mit dem Verzicht auf Verjüngung in die Sackgasse manövriert haben könnte.
Dabei hatten in den vergangenen Jahrzehnten stets frische, mit einer bestimmten Form junger Dynamik ausgestattete Kandidaten die größten Erfolge. Obama! Clinton! Kennedy! - sogar der wenig jugendliche Jimmy Carter wurde schon mit 52 Jahren vereidigt. Ihnen gemein ist jedoch auch, dass sie republikanische Präsidenten ablösten.
Hillary Clinton kann sich auch deshalb nicht in diese Reihe einordnen, ihre historische Rolle wäre ohnehin eine andere: Die erste Frau ins Weiße Haus zu senden, sind die Demokraten ihren Werten schuldig. Doch genügt das wirklich, um die ehemalige Außenministerin zu wählen? An diesem Abend hat die 67-Jährige überzeugt, wenn man Maßstäbe wie Auftritt, Wortgewandtheit und Professionalität zugrunde legt.
Sanders' Kernbotschaft für ein großes Publikum
Dass Bernie Sanders ihr Konkurrenz machen wird, ist schon angesichts der finanziellen Mittel ausgeschlossen. Er, der die komplette Privatisierung der Vereinigten Staaten kritisiert, findet seine Grenzen in der Privatisierung des politischen Systems durch anonyme Großspenden. Anders als Obama, der ebenfalls aus einer Außenseiterposition gegen Clinton startete, fehlen ihm zudem Charisma, Redegewandtheit und das Versprechen eines Neuanfangs.
Dennoch hat er an diesem Abend erstmals vor größerem TV-Publikum seine Kernbotschaft anbringen können: Dass die finanzielle Ungleichheit nicht mehr hinnehmbar ist und sich die Verhältnisse weg von der Mittelschicht verschoben haben. Diese Feststellung findet in den USA Resonanz. Doch welche Lösungen wollen die Menschen in diesem Land, in dem der Kapitalismus schon am weitesten fortgeschritten ist und für die meisten Menschen die Lösung, nicht das Problem ist?
TV-Debatte der Republikaner:"Clinton hatte keine Wahl, weil ich ihr Geld gegeben habe"
Donald Trump spielt seinen Trumpf aus, Jeb Bush stiftet Verwirrung, Mike Huckabee redet von Prostituierten. Wie sich die Republikaner in ihrer ersten TV-Debatte geschlagen haben.
In der Antwort könnte der Schlüssel für die Partei liegen, um die Mitte der Gesellschaft zu erreichen, jene unabhängigen Wähler, die es im Land tatsächlich noch in ausreichender Zahl gibt. Es wird nicht genügen, den Eindruck zu vermitteln, immerhin auch die Mittelschicht und nicht nur das Weiße Haus vor den Republikanern retten zu wollen.
Hillary Clinton hat sich hier dem linken Flügel dezent angenähert, und doch fügt sich daraus noch kein stimmiges Bild - so wie den Demokraten fast sieben Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise und der Wahl Obamas ein echter gesellschaftlicher Zukunftsentwurf fehlt. Das machte die Debatte in Las Vegas nochmals klar.
Genau das verbindet die Demokraten mit dem Land, das sie regieren wollen. Im Präsidentschaftswahlkampf ist das eine ungünstige Konstellation.