Türkei:HDP-Chef Demirtaş wirft Erdoğan "schmutzige Propaganda" vor

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HDP-Chef Selahattin Demirtaş: "Wir haben zur PKK überhaupt keine Beziehungen." (Foto: AFP)
  • Der Vorsitzende der türkischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtaş, hat bestritten, Kontakte zur verbotenen PKK zu haben.
  • Die regierende AK-Partei von Präsident Erdoğan hatte bei der Wahl im Juni wegen des Erfolgs der HDP ihre absolute Mehrheit eingebüßt.
  • Am Dienstag hatte Erdoğan den Friedensprozess mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK aufgekündigt.

HDP-Chef Demirtaş weist Vorwürfe von sich

Der Vorsitzende der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtaş, bestreitet den Vorwurf, er unterhalte Kontakte zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und bekomme Anweisungen von ihr. "Wir haben zur PKK überhaupt keine Beziehungen", sagte er am Donnerstag im ZDF-"heute journal".

Dies sei "schmutzige Propaganda" des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Die HDP bekomme "von niemandem Anweisungen, [...] auch nicht von der PKK". Die türkische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Demirtaş eingeleitet. Ihm wird vorgeworfen, Bevölkerungsteile zur Bewaffnung provoziert und gegeneinander aufgewiegelt zu haben. Sollte es zum Prozess kommen, drohten Demirtaş 24 Jahre Haft.

HDP-Chef Demirtaş sagte, bei dem Krieg, den Erdoğan angezettelt habe, gehe es nicht um die Verteidigung des Landes. "Es geht um die Verteidigung der Macht des Staatspräsidenten." Nach Ansicht von Demirtaş wäre es das Beste, "dass man sofort Frieden mit der PKK schließt". Die internationale Gemeinschaft müsse darauf dringen, dass "sich die Türkei mit der PKK wieder an den Verhandlungstisch setzt". Die HDP wolle die Möglichkeit behalten, mit der PKK wie mit der Regierung sprechen zu können. "Diese Kanäle dürfen nicht geschlossen werden", sagte Demirtaş.

Erdoğans Anti-Terror-Kampf
:Türkische Urangst vor Kurdistan

Ein Blick auf die Landkarte erklärt die Motive politischen Handelns oft besser als das, was Staatschefs von sich geben. Bei Präsident Erdoğans Anti-Terror-Kampf zeigt sich: Der IS ist dabei nicht der Hauptgegner.

Von Tomas Avenarius

Europaabgeordneter Brok nennt Erdoğans Strategie "kontraproduktiv"

Die HDP hatte bei der Parlamentswahl im Juni die Zehn-Prozent-Hürde klar übersprungen. Erdoğans islamisch-konservative Regierungspartei AKP wiederum verlor ihre absolute Mehrheit und sucht noch nach einem Koalitionspartner. Erdoğan hatte den Friedensprozess mit den Kurden am Dienstag für beendet erklärt.

Nach mehreren Anschlägen mit Dutzenden Toten fliegt die türkische Luftwaffe seit voriger Woche Luftangriffe auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien sowie der PKK im Nordirak.

Diese Strategie Erdoğans ist nach Einschätzung des CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok "kontraproduktiv". Sie verhelfe dem IS zu neuer Stärke, während die Bemühungen um einen dauerhaften Frieden im syrisch-türkisch-irakischen Grenzgebiet litten, schrieb der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament in einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung.

"Erdoğan handelt verantwortungslos, wenn er die aktuelle Lage zusätzlich nutzt, um sich Rückhalt für die nächsten Wahlen zu besorgen und ein Präsidialsystem durchzusetzen", betonte Brok weiter.

Luftangriffe auf PKK-Stellungen im Nordirak

Die türkische Armee hat am Donnerstag laut Medienberichten massive Angriffe auf Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) geflogen. 30 Kampfjets bombardierten fünf Ziele im Nordirak, wie die türkischen TV-Sender NTV und die CNN-Türk berichteten. Es seien erneut Unterstände, Lager und Höhlen der Rebellen attackiert worden. Die Armee habe Vergeltung geübt für einen mutmaßlichen PKK-Anschlag auf einen Militärkonvoi im Südosten der Türkei, bei dem am Donnerstag drei Soldaten getötet wurden, hieß es in den Berichten.

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