Türkei:Heftige Kritik an Erdoğans teurem Sommerpalast

Lesezeit: 2 Min.

Dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan stehen inzwischen mehrere Paläste zur Verfügung. (Foto: Murat Kula/dpa)

Etwa 62 Millionen Euro soll eine neue Anlage mit 300 Zimmern gekostet haben, die für den Präsidenten an der Ägäis errichtet wurde - während die Lebensgrundlagen für viele im Land schwinden. Die Opposition ist empört.

Von Markus C. Schulte von Drach, München

Die Opposition in der Türkei wirft dem Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan die Verschwendung von Steuergeldern vor - ausgerechnet in einer Zeit hoher Inflation und Arbeitslosigkeit. Anlass für die heftige Kritik ist ein Sommerpalast des Präsidenten an der Ägäis, der in den vergangenen Jahren errichtet wurde, von dem bislang aber der Öffentlichkeit wenig bekannt war.

Es handelt sich um eine Anlage mit 300 Zimmern in der Ferienprovinz Marmaris. Die regierungskritische Zeitung Sözcü veröffentlichte jetzt Fotos des Palastes sowie Skizzen, die von der Website des Architekten Sefik Birkiye stammten. 640 Millionen Lira (etwa 62 Millionen Euro) soll die Anlage der Zeitung zufolge gekostet haben. Sie besteht aus mehreren luxuriösen zweistöckigen Gebäuden mit Arbeits- und Wohnräumen sowie Schlafzimmern in einem neo-osmanischen Stil, Personalunterkünften, einer Moschee, einem Schwimmbad und einem langen Privatstrand am Meer.

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Wie es heißt, hat der türkische Präsident im vergangenen Jahr bereits zwei Staatsgäste in der Anlage empfangen: Sowohl Albaniens Ministerpräsident Edi Rama als auch der aserbaidschanische Präsident Ilhan Alijew besuchten Sözcü zufolge den Sommerpalast.

Spezialsand für den Privatstrand

Die Anlage wurde an einer Bucht errichtet, wo auch Turgut Özal, ehemals Präsident der Türkei, in den 1990er Jahren ein Ferienhaus bewohnt hatte. Dabei handelte es sich allerdings um ein kleines Haus, das der neuen Anlage weichen musste - genau wie Zehntausende von Bäumen, die den Berichten zufolge in der Bucht gefällt wurden.

Wie Sözcü -Autor İsmail Şahİn schreibt, wurde außerdem eine fast 11 000 Quadratmeter große Fläche in einen Strand verwandelt, für den besonderer Sand und Kies aus einem 200 Kilometer entfernten See transportiert werden mussten.

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Nach der Veröffentlichung des Zeitungsberichts waren die Skizzen auf der Website des Architekten Birkiye nicht mehr zu finden. Sözcü hat inzwischen jedoch auch Fotos des Palastes veröffentlicht. Das Verschwinden der Skizzen kommentierte Sözcü- Autorin Çiğdem Toker mit dem Hinweis, eigentlich wäre Transparenz bezüglich des Lebensstandards derjenigen, die das Land führen, eine gute Sache. Schließlich würden sie zeigen, wofür die Haushaltsmittel ausgegeben würden in einer Zeit, in der die Inflation wächst, die Lebensgrundlagen für viele schwinden und die Zahl von Suiziden aufgrund von Armut zunimmt.

Ähnlich äußerte sich inzwischen der Chef der Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu. Er zeigte bei einem Auftritt vor der Fraktion seiner Partei im Parlament Vergrößerungen der Bilder von dem Palast und kritisierte den Präsidenten: "Der Mann baut sich einen Sommerpalast, während die Leute verhungern."

Auch der Parlamentsabgeordnete Garo Paylan von der HDP kritisierte Erdoğan auf Twitter. "Während die Erdoğans zu den Bürgern sagen, 'Lasst uns die Portionen reduzieren', bauen sie aus Haushaltsmitteln für 640 Millionen einen Sommerpalast. Die Leute haben Hunger, sie begehen Suizid... ihnen ist es egal." Er bezog sich damit offenbar auf eine Äußerung von Erdoğans Ehefrau Emine, die den Türken empfohlen hatte, kleinere Portionen zu essen, damit nichts weggeworfen werden müsse.

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Die Opposition fordert nun Aufklärung über den Bau des Sommerpalastes - insbesondere über das aufwendige Anlegen des Strandes. Die Regierung hat bislang nicht auf die Berichte in der Zeitung Sözcü reagiert, anders als etliche Medien, die sie weiterverbreitet haben. Lediglich regierungsnahe Medien haben versucht, die Investitionen zu rechtfertigen -der Neubau wäre demnach notwendig gewesen, um den Präsidenten vor Anschlägen zu schützen.

Präsident Erdoğan hatte nach heftiger Kritik kürzlich einen Erlass zum Sparen veröffentlicht, mit dem die Anschaffung teurer Dienstwagen gestoppt werden soll. Sein eigenes Amt hatte er davon allerdings ausgenommen.

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