Türkei:Deutsche Botschaft erhält Zugang zu Journalist Yücel in türkischem Gefängnis

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  • Seit dem 14. Februar sitzt der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel in der Türkei im Gefängnis.
  • Nun dürfen einer oder mehrere deutsche Konsularbeamte erstmals mit ihm sprechen.
  • Der Fall Yücel hatte für erhebliche Spannungen zwischen Berlin und Ankara gesorgt.

Mehr als sieben Wochen nach seiner Festnahme in der Türkei erhält Deutschland konsularischen Zugang zu dem deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Die Türkei habe Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montagmorgen per Verbalnote bestätigt, dass Deutschland am Dienstag Zugang zu Yücel erhalte, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Zuvor habe der Minister am Freitag erneut den türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu um Zugang zu dem inhaftierten Journalisten gebeten.

Der türkische Ministerpräsident Binali Yıldırım hatte nach Angaben des Auswärtigen Amts Anfang März der Bundesregierung zugesagt, dass deutsche Botschaftsmitarbeiter Zugang zu Yücel erhalten - dieser wurde aber zunächst nicht gewährt. Wegen der doppelten Staatsbürgerschaft Yücels ist die Türkei nicht dazu verpflichtet.

Auf die Frage, ob es bei einem einmaligen Besuch bei Yücel bleiben werde, sagte der Außenamts-Sprecher: "Das wird sich finden." Deutschland bleibe am Ball und versuche Yücel durch den Generalkonsul so gut es gehe zu unterstützen. Der versprochene Zugang sei auf jeden Fall eine positive Nachricht und "ein Schritt nach vorne".

Die Anwälte des Journalisten hatten vor ein paar Tagen vor dem Verfassungsgericht in Ankara Widerspruch gegen den Haftbefehl eingelegt - es ist die letzte nationale Instanz.

Der Welt-Korrespondent wird seit Mitte Februar in der Türkei festgehalten, offiziell wird ihm Terrorismusunterstützung vorgeworfen. Yücel hatte sich am 14. Februar der Polizei in Istanbul zur Befragung gestellt und war daraufhin in Gewahrsam genommen worden. Zwei Wochen später ordnete ein Haftrichter an, ihn wegen "Terrorpropaganda" und "Volksverhetzung" in U-Haft zu nehmen. Gemäß geltendem Recht kann diese bis zu fünf Jahre dauern.

Spannungen wegen Deniz Yücel

Die Inhaftierung Yücels hatte für erhebliche Spannungen zwischen Ankara und Berlin gesorgt. Sie stieß in Deutschland auf scharfe Kritik, auch die Bundesregierung schaltete sich ein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte den Schritt "unverhältnismäßig hart". Frank-Walter Steinmeier forderte in seiner Antrittsrede als Bundespräsident von der Regierung in Ankara die Freilassung Yücels.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan warf Yücel in einer Rede "Spionage" vor und bezeichnete ihn als "deutschen Agenten" und "Vertreter" der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Kritiker sehen das Verfahren als politisch motiviert an und verweisen darauf, dass Yücel ausschließlich wegen seiner journalistischen Arbeit inhaftiert wurde.

Außenminister Gabriel kritisierte den Umgang der Türkei mit Yücel am Wochenende als "rechtsstaatlich und politisch inakzeptabel". Dem Spiegel sagte Gabriel: "Man muss ja fast annehmen, dass Yücel der türkischen Führung als politischer Spielball in einem schmutzigen Wahlkampf dient." Das stehe nicht im Einklang mit europäischen Werten.

Erdoğan lässt am 16. April über eine Verfassungsänderung abstimmen. Sie soll den Weg der Türkei hin zu einem Präsidialsystem ebnen.

© SZ.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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