Wenn Rod Rosenstein in einigen Wochen oder Monaten sein Amt als stellvertretender Justizminister der USA zurückgibt, dann dürfte der 54-jährige die härtesten zwei Jahre seiner juristischen Laufbahn hinter sich gebracht haben. In seinem früheren Leben hat er Drogendealer dingfest gemacht, Korruption bekämpft und allerlei Schwerverbrecher vor Gericht gebracht. Aber nichts davon hat ihn darauf vorbereitet, mit einem Präsidenten umzugehen, der alles versucht, um die laufenden Russland-Ermittlungen zu untergraben. In denen wird unter anderem untersucht, ob womöglich Trump oder sein Wahlkampfteam mit der russischen Regierung zusammengearbeitet haben, um die Wahl 2016 zu gewinnen.
Als Rosenstein Ende April 2017 sein Amt unter Justizminister Jeff Sessions antrat, dürfte ihm klar gewesen sein, dass unter einem Präsidenten Trump vieles anders laufen würde, als er es gewohnt war. Der angesehene Anwalt und frühere Bundesankläger Robert Bonsib hat mal über Rosenstein gesagt, er sei das "Postergesicht eines professionellen, kompetenten, ethisch gefestigten und fairen Anklägers". Also so ziemlich das Gegenteil von Trump.
Der Karriere-Jurist hatte im Senat sowohl Republikaner als auch die Demokraten überzeugt. Sie bestätigten ihn mit 94 zu sechs Stimmen. Wohl auch in der Hoffnung, er könne als Stimme der Vernunft und Sachlichkeit mäßigend sowohl auf den Hardliner Jeff Sessions als auch auf Trump wirken.
Rosenstein brachte reichlich Erfahrung in das neue Amt mit. Er dient dem Justizministerium seit 1990. Seinen Abschluss hatte er zuvor in Harvard gemacht. George W. Bush machte ihn 2005 zum obersten Bundesankläger in Maryland. Später war er unter den nur drei von 93 Kollegen, die von Präsident Barack Obama übernommen wurden.
Womit Rosenstein aber zumindest zum Zeitpunkt seiner Nominierung Anfang Februar 2017 noch nicht rechnen konnte, war, dass er quasi mit Amtsantritt die Aufsicht über die überaus heiklen Russland-Ermittlungen würde übernehmen müssen. Zwischen seiner Nominierung und seiner Bestätigung hatte sich nämlich sein direkter Vorgesetzter Jeff Sessions von der Aufsicht zurückgezogen - weil er selbst verdächtige Kontakte zu russischen Offiziellen hatte.
Kaum im Amt bekam Rosenstein umgehend zu spüren, was es heißt, wenn einer wie Trump im Weißen Haus sitzt. Damals lagen die Russland-Ermittlungen noch in der Zuständigkeit des FBI. Trump verlangte vom damaligen FBI-Chef James Comey Loyalität, wie Comey später unter Eid aussagte. Die konnte und wollte er dem Präsidenten aber nicht zusichern. Trump suchte einen Weg, Comey zu feuern. Und dafür benutzte er Rosenstein.
Rosenstein soll entsetzt über Trumps Verhalten gewesen sein
Ein schmutziges Spiel begann. Rosenstein sollte es sein, der in einem Brief an seinen Chef Sessions Comey eine schlechte Amtsführung bescheinigte: Es ging um Comeys angeblichen Umgang mit der E-Mail-Affäre von Hillary Clinton ein Dreivierteljahr zuvor. Sessions nahm den Brief, um Trump auf dieser Basis die Entlassung von Comey nahezulegen. Was Trump dann umgehend machte. All das passierte am 9. Mai 2017.
Comey erfuhr während einer Rede vor FBI-Mitarbeitern von seinem Rauschmiss. Er las die Nachricht auf den Breaking-News-Laufbändern der TV-Bildschirmen, die um ihn herum flimmerten. Und hielt das zunächst für einen schlechten Scherz. Trump hatte es nicht für nötig gehalten, den FBI-Chef persönlich zu informieren.
Trump hat wenig später in einem TV-Interview indirekt eingeräumt, dass es wohl doch eher darum ging, die laufenden Russland-Ermittlungen gegen sein Wahlkampfteam zu beenden, als um andere Verfehlungen Comeys. Allein auf Twitter bezeichnete Trump diese Ermittlungen mehr als 120 Mal als "witch hunt", als Hexenjagd.
Rosenstein soll geradezu entsetzt über Trumps Verhalten gewesen sein. Im Mitarbeiterkreis soll er gefragt haben, ob es künftig angebracht sei, Gespräche mit Trump heimlich aufzunehmen. Und er diskutierte die Frage, ob Trump nach dem 25. Verfassungszusatz des Amtes enthoben werden könnte. Dafür müssten die Kabinettsmitglieder und der Vizepräsident Trump mehrheitlich die Gefolgschaft verweigern. Über seine eigene Rolle in Sachen Comey soll er besonders aufgebracht gewesen sein.