US-Beziehungen zu Russland:Trumps verdächtige Geheimniskrämerei

US-Beziehungen zu Russland: Haben sich Trump und Putin nur zu Arbeitsgesprächen getroffen? Oder ging es um etwas ganz anderes?

Haben sich Trump und Putin nur zu Arbeitsgesprächen getroffen? Oder ging es um etwas ganz anderes?

(Foto: AFP)
  • Der US-Präsident hält die Inhalte seiner Treffen mit Putin ungewöhnlich streng unter Verschluss.
  • Das FBI hat untersucht, ob Trump auf Putins Geheiß FBI-Chef Comey gefeuert hat.
  • Trumps Gegner halten eine einfache, unschuldige Erklärung für undenkbar.

Von Thorsten Denkler, New York

Sommer 2017, G-20-Gipfel in Hamburg. US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatsschef Wladimir Putin treffen sich zum Gespräch. Solche Treffen sind üblich, sie sollen helfen, Vertrauen auf Regierungsebene aufzubauen. Die Inhalte werden zwar nicht öffentlich diskutiert, aber durchaus im Kreis der wichtigen Berater.

Dieses Mal sollte alles streng geheim bleiben. So zumindest hielt Trump es auf amerikanischer Seite, wie die Washington Post jetzt berichtet hat. Mit geheim meinte Trump offenbar, dass außer ihm und dem damaligen Außenminister Rex Tillerson niemand wissen sollte, was beredet wurde. Trump soll gar seinen Übersetzer angewiesen haben, ihm seine Notizen auszuhändigen. Bei einem zweiten, inoffiziellen Treffen zwischen Trump und Putin waren nur Übersetzer anwesend.

Trumps Berater und enge Mitarbeiter im Weißen Haus sollen danach vergeblich versucht haben, etwas über die Gespräche zu erfahren. Der Präsident sei Fragen ausgewichen und habe auf eine dürre Presserklärung verwiesen, die Tillerson zum ersten Treffen herausgegeben hat. Auch sei der Dolmetscher gefragt worden. Der aber habe darauf verwiesen, dass Trump ihm untersagt habe, über das Treffen zu sprechen.

Insgesamt hat sich Trump sechs Mal mit Putin getroffen. Jedes Mal galt danach: Kein Wort zu niemandem. Nach dem Bericht der Washington Post gibt es keine Aufzeichnungen zu den Treffen. Auch nicht in als streng geheim klassifizierten Unterlagen.

Für Strobe Talbott vom Washingtoner Thinktank Brookings Institute ist das nicht nur ungewöhnlich in einem historischen Kontext. Es sei geradezu "haarsträubend", sagte er der Washington Post. Unter Präsident Bill Clinton war Talbott stellvertretender Außenminister und saß als solcher in mehr als einem Dutzend Treffen mit dem damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin. Talbott sieht zwei Gefahren: Zum einen könnten Trumps Berater ihren Job nicht machen, wenn sie nicht eingeweiht sind. Zum anderen gäben solche Geheimtreffen Putin ein gute Gelegenheit, Trump in seinem Sinne zu manipulieren.

Geradezu verdächtig wirkt Trumps Geheimniskrämerei unter dem Eindruck der Russland-Ermittlungen. Sonderermittler Robert Mueller untersucht im Auftrag des Justizministeriums, ob Trump sich im Wahlkampf 2016 von der russischen Regierung bewusst hat helfen lassen - und ob er sich danach der Justizbehinderung schuldig gemacht hat.

Dolmetscher sollen unter Eid aussagen

Mueller hat einiges zu tun: Es gab erstaunlich viele Kontakte zwischen Mitarbeitern aus Trumps Team und russischen Offiziellen. Selbst im Trump Tower in New York hat es ein Treffen gegeben, an dem auch sein Sohn Donald Trump Jr. und sein Schwiegersohn Jared Kushner beteiligt waren.

Erst jüngst haben Gerichtsakten gezeigt, dass Trumps früherer Wahlkampfmanager Paul Manafort einem russischen Agenten mitten im Wahlkampf detaillierte Umfragedaten übergeben hat. Die Daten könnten etwa russischen Troll-Fabriken gedient haben, ihre Pro-Trump-Kampagne in den sozialen Medien noch zielgenauer anzulegen. Trumps ehemaliger persönlicher Anwalt Michael Cohen hat zudem ausgesagt, dass er noch bis in den Juni 2016 hinein versucht hat, mit der russischen Regierung zu einer Einigung über ein Trump-Hochhaus in Moskau zu kommen.

Knapp zwei Monate vor dem Treffen mit Putin auf dem G-20-Gipfel hatte Trump den damaligen FBI-Chef James Comey gefeuert. Comey hatte bis dahin die Russland-Ermittlungen geführt. Der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein ernannte dann Robert Mueller als Sonderermittler in der Sache.

Nach Comeys Entlassung ist das FBI einem brisanten Verdacht nachgegangen: Hat Trump Putin mit Comeys Entlassung einen Gefallen tun wollen? Ist sie gar auf Putins Geheiß erfolgt? Hat der Präsident der USA also - wissentlich oder unwissentlich - als russischer Agent agiert? Es wäre ein unerhörter Vorgang. Das FBI hat die Frage sehr ernst genommen und Ermittlungen in diese Richtung angestrengt, berichtet die New York Times. Es ist unklar, was daraus geworden ist. Angeblich soll Mueller einen Teil davon übernommen haben.

Wie ist Trumps Verhalten in Sachen Russland zu erklären? In den USA gibt es zwei Theorien: Entweder er hat mit Russland kooperiert, um die Wahl zu gewinnen. Gegner Trumps glauben, dass es keine andere, keine unschuldige Erklärung für dessen Geheimnistuerei geben könne. Oder er sieht sich zu extremen Vorsichtsmaßnahmen gezwungen, weil so gut wie alles, was im Weißen Haus geschieht, irgendwann an die Öffentlichkeit gelangt. Das glauben seine Anhänger.

Auf Fox News hat sich Trump zu den neuen Enthüllungen von Jeanine Pirro per Telefon befragen lassen, eine frühere Richterin und ausgesprochener Trump-Fan. Ob Trump für Russland gearbeitet habe, fragte sie und ließ erkennen, dass das selbstverständlich nie der Fall gewesen sein kann. Seine Antwort: "Ich glaube, das ist die lächerlichste Frage, die mir je gestellt wurde." Eine konkrete Antwort hat er nicht gegeben.

Das könnten bald vielleicht die Dolmetscher für ihn erledigen: Im Kongress wollen die Demokraten sie unter Eid befragen. Sie sind neben Putin und Trump die einzigen Zeugen der meisten Treffen der beiden Staatschefs. Sie könnten etwas Licht ins Dunkel dieser mysteriösen Gespräche bringen.

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