Terrorismus:Regierung will Luftfracht schärfer überwachen

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Nach den vereitelten Paketbomben-Anschlägen strebt Innenminister de Maizière schärfere Kontrollen in der EU an. Die Sicherheitslage in Deutschland bleibe allerdings unverändert.

Susanne Höll

Die Bundesregierung ist entschlossen, nach den fehlgeschlagenen Paketbomben-Attentaten die Regeln für den Frachtflugverkehr national und international zu verschärfen. Unter Führung des Bundesinnenministeriums soll eine Arbeitsgruppe Vorschläge für bessere Kontrollen vorlegen. In Regierungskreisen war die Rede von Lücken im Anti-Terror-Kampf, die man möglichst in internationaler Zusammenarbeit schließen müsse. Anschlagsgefahren wie die mit den Paketbomben, die in Laserdruckern verborgen aus dem Jemen per Luftfracht an jüdische Einrichtungen in die USA gelangen sollten - darunter eines über den Flughafen Köln - seien neu, sagten deutsche Sicherheitsfachleute.

Der geplante Weg der Paketbomben: Klicken Sie zum Vergrößern der Graphik auf das Bild. (Foto: N/A)

Ihrer Einschätzung nach waren die Bomben fachmännisch gebaut, enthielten zwischen 300 und 400 Gramm des Sprengstoffs PETN und hätten bei einer Detonation im Flugzeug oder bei den Empfängern schweren Schaden angerichtet. Die Sicherheitslage in Deutschland ist nach Einschätzung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) aber auch nach der Entdeckung und Entschärfung der Bomben unverändert. Es gebe keine konkrete neue Gefahr.

Die Bundesregierung hatte alle Frachtgutlieferungen aus dem Jemen nach Deutschland gestoppt. Jedes hier im Lande befindliche Paket aus dem Jemen wird laut Innenministerium kontrolliert. Für Pakete aus anderen Ländern, in denen sich Terrorgruppen befinden - etwa Pakistan - gilt das bisher aber nicht. Die Arbeitsgruppe wird nach Angaben aus Regierungskreisen prüfen, ob es im Transitverkehr mehr Stichproben in Deutschland und anderen EU-Staaten geben soll. Zudem sollen die Kontrollen der Transportunternehmen überprüft werden, ebenso die Lieferbedingungen.

Totale Kontrolle ummöglich

Sicherheitsexperten sagten, es sei merkwürdig, wenn jemand aus dem Jemen per Luftfracht einen Drucker in die USA liefern wolle, obwohl diese Geräte dort überall erworben werden könnten. De Maizière nahm Kontakt zu EU-Kommissarin Cecilia Malmström auf, um bessere Kontrollen in ganz Europa durchzusetzen. Mit schärferen Regulierungen dürften auf die Wirtschaft höhere Transportkosten zukommen. Eine völlige Kontrolle des gesamten Transit-Frachtverkehrs sei aber unmöglich, hieß es in Regierungskreisen.

Die deutschen Sicherheitsdienste waren nach Angaben aus den Kreisen entscheidend daran beteiligt, dass eine der Paketbomben in Großbritannien gefunden und entschärft werden konnte. Der saudi-arabische Geheimdienst hat danach am frühen Freitagmorgen den dortigen BKA-Verbindungsmann über das verdächtige Paket informiert, das über Köln in die USA gehen sollte. Zu diesem Zeitpunkt sei das Paket aber bereits auf dem Weg nach Großbritannien gewesen. Nach deutschen Hinweisen an die britischen Dienste sei das Paket entdeckt und sichergestellt worden, hieß es. Die Bundesregierung will am Donnerstag dieser Woche das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium und kommende Woche den Innenausschuss über die Vorgänge und die Kenntnisse über die Bedrohungen informieren. In den USA erwägen die Behörden indes, den Absturz einer Frachtmaschine im September nahe Dubai erneut zu untersuchen, die Behörden in Dubai schlossen einen Anschlag jedoch aus.

© SZ vom 02.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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