"Tag von Potsdam" 1933:Als das alte Preußen dem NS-Regime die Hand reichte

Am 21. März 1933 feierten die Nazis den Schulterschluss mit den alten monarchistischen Eliten. Die Bilder vom greisen Reichspräsidenten Hindenburg mit Hitler sollten das Regime zusätzlich legitimieren. Noch am selben Tag verschleppte die SA politische Gegner in Konzentrationslager.

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(Foto: Sueddeutsche Zeitung Photo)

Am 21. März 1933 feierten die Nationalsozialisten den Schulterschluss mit den alten monarchistischen Kräften. Die Bilder vom greisen Reichspräsidenten Hindenburg und dem neuen Reichskanzler Hitler sollten das Regime zusätzlich legitimieren. Noch am selben Tag verschleppte die SA politische Gegner in Konzentrationslager. Zehntausende sind auf den Straßen, wo Hakenkreuz- und Preußenfahnen wehen: Am "Tag von Potsdam", am 21. März 1933, inszenierten die Nazis die erste Sitzung des neu gewählten Reichstags. Der Rundfunk überträgt deutschlandweit, für Menschen ohne Radio gibt es öffentliche Veranstaltungen. An einem 21. März im Jahr 1871 hatte einst Otto von Bismarck den ersten deutschen Reichstag eröffnet. 62 Jahre später versammelt sich der neu gewählte Reichstag in der Potsdamer Garnisonkirche. Weder der jahreszeitliche noch der historische Bezug sind Zufall. Das Ereignis gilt als erste große Inszenierung von Joseph Goebbels, Hitlers Propagandaminister.

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Ziel der Nazi-Propaganda: Geschichte schreiben und die Regierung Hitler in der Öffentlichkeit legitimieren. Das Bild zeigt Reichspräsident Paul von Hindenburg am Morgen des Tags von Potsdam bei einer Ansprache für die evangelischen Reichstagsabgeordneten in der Nikolaikirche.

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Soldaten der Reichswehr und die SA säumen die Straßen, als die Reichstagsabgeordneten von den Gottesdiensten in der katholischen Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul und der evangelischen Nikolaikirche zur Garnisonkirche ziehen. Auf dem Foto sind Reichskanzler Adolf Hitler und Vizekanzler Franz von Papen (rechts neben Hitler) auf dem Weg zum Staatsakt in die Garnisonkirche. Hinter Hitler ist Propagandaminister Joseph Goebbels zu erkennen.

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Vor allem den demonstrativen Händedruck zwischen dem damals 43-jährigen Hitler und dem 85-jährigen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg schlachten die Nazis für ihre Propaganda aus. Mit Millionen von Postkarten, Sonderbriefmarken sowie Zwei- und Fünfmarkstücken wird der Geste vor der Garnisonkirche gedacht und so dieses Bild in der Bevölkerung verbreitet. Die Begegnung auf den Stufen des barocken Gotteshauses soll das neu eingegangene Bündnis zwischen altem Preußentum und Nationalsozialismus symbolisieren. Während Hindenburg seine Generalfeldmarschallsuniform trägt, erscheint Hitler betont bürgerlich in Cut (Gehrock) und Zylinder.

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Auch Reichskanzler Adolf Hitler spricht während des Staatsakts in der Garnisonkirche. "Am 5. März hat sich das Volk entschieden und in seiner Mehrheit zu uns bekannt", sagt Hitler in seiner Regierungsrede - und beschönigt das NSDAP-Wahlergebnis von 43,9 Prozent. Er stellt sich als Pazifist dar, erklärt aber gleichzeitig, "diejenigen unschädlich zu machen, die dem Volke zu schaden versuchen".

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Über den Gräbern der Hohenzollern beschwört Adolf Hitler die alte deutsche Größe "zu Füßen der Bahre seines größten Königs". Gemeint ist Friedrich der Große, der für die Nazis Kühnheit und Willensstärke verkörperte. Als Repräsentanten der alten Preußen-Dynastie wohnten mehrere Söhne von Wilhelm II. der Zeremonie bei. Auf dem Bild spricht Hindenburg in der Garnisonkirche, rechts hinter ihm steht Hitler.

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Die Sozialdemokraten boykottieren die Inszenierung. Die kommunistischen Abgeordneten des Reichstags und führende SPD-Politiker sind bereits verhaftet oder auf der Flucht. Noch am Abend des 21. März 1933 verschleppt die SA die ersten 40 Häftlinge in das neue Konzentrationslager Oranienburg - mitten im Zentrum der Stadt nördlich von Berlin.

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Das Bild zeigt Soldaten der Reichswehr im Lustgarten der Garnisonkirche beim Abfeuern von 21 Salutschüssen, nachdem Hindenburg auf dem Grab von Friedrich dem Großen einen Kranz niedergelegt hatte.

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Auf dem Foto marschieren Mitglieder der Deutschnationalen Volkspartei vor dem Stadtschloss in Potsdam. Sie tragen schwarz-weiß-rote Fahnen mit dem Motto "Mit Gott für Kaiser und Reich".

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Nur zwei Tage nach dem "Tag von Potsdam", am 23. März 1933, verabschiedet der Reichstag das sogenannte Ermächtigungsgesetz. Das Parlament gibt damit sein Zustimmungsrecht zu neuen Gesetzen auf und entmachtet sich selbst. Von diesem Zeitpunkt an kann die NS-Regierung schalten und walten wie sie will. Allein die SPD stimmt gegen das Gesetz. Den Abgeordneten der KPD, eigentlich drittstärkste Fraktion, wurde bereits kurz nach der Wahl das Stimmrecht entzogen.

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Mit dem Ermächtigungsgesetz setzen die Nationalsozialisten ihren Terror fort: Am 1. April 1933 werden jüdische Geschäfte boykottiert, Anfang Mai die Gewerkschaften aufgelöst. Von Juli an sind alle Parteien außer der NSDAP verboten. Auf dem Foto marschiert ein Fackelzug der SA am Abend des "Tages von Potsdam" durch das Brandenburger Tor.

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