Syrien:Europäer sollen gefangene IS-Kämpfer aufnehmen

FILE PHOTO -  Militant Islamist fighters waving flags, travel in vehicles as they take part in a military parade along streets of Syria's northern Raqqa province

Archivbild: IS-Kämpfer bei einer Militärparade in Rakka 2014

(Foto: REUTERS)
  • Hunderte IS-Kämpfer aus Europa sind in Syrien in Gefangenschaft.
  • US-Präsident Trump fordert die Europäer auf, sich um ihre Staatsbürger unter den Gefangenen zu kümmern.
  • Sollte Europa den Forderungen nicht nachkommen, müssten die USA die IS-Kämpfer freilassen, warnte Trump über den Nachrichtendienst Twitter.

Von Hubert Wetzel, Washington

US-Präsident Donald Trump hat die Europäer aufgefordert, Hunderte Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat, die in Syrien gefangen sind, aufzunehmen und vor Gericht zu stellen. Nähmen die Europäer ihre Staatsbürger nicht zurück, müssten die USA diese freilassen, warnte Trump auf Twitter. Das könnte zu einer Gefahr für Europa werden: "Die USA wollen nicht zusehen, wie diese IS-Kämpfer in Europa eindringen, was sie vermutlich tun werden." Die Rede ist von mehr als 800 Milizionären.

Trump erhöht damit den Druck auf die europäischen Staaten, sich um jene ihrer Staatsbürger zu kümmern, die sich in Syrien dem IS angeschlossen haben. In den vergangenen Monaten sind Hunderte in Gefangenschaft geraten. Die meisten werden von den Syrian Democratic Forces (SDF) festgehalten - einem Bündnis verschiedener Milizen, das von der US-Armee massiv militärisch unterstützt und von der syrischen Kurdengruppe YPG angeführt wird.

Nachdem Trump im Dezember den Abzug aller US-Bodentruppen aus Syrien angekündigt hatte, hatte die YPG davor gewarnt, dass sie die ausländischen IS-Kämpfer nicht länger festhalten könne. Die Türkei sieht die YPG als kurdische Terrororganisation und hat mit einem Angriff gedroht. Um zu verhindern, dass eine große Anzahl trainierter IS-Anhänger in westeuropäische Länder gelangt, versucht Washington seitdem, eine Lösung für den sicheren Verbleib dieser Kämpfer zu finden.

Dabei drängt die Zeit: Die USA und die SDF stehen kurz davor, das letzte Stückchen Territorium zurückzuerobern, das der IS noch besetzt hält. Am Wochenende hieß es, der IS halte nur noch eine kleine Fläche in Baghus am Euphrat. Diese Enklave könne bereits in den nächsten Tagen fallen, sagte ein Kommandeur der SDF. Dann wäre das gesamte sogenannte Kalifat, das der IS einst in Syrien und im Irak kontrolliert hat, befreit. Für Trump ist das das Signal zum Abzug der US-Truppen.

Trump wandte sich in seinen Tweets ausdrücklich an Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Paris macht dem Vernehmen nach bereits Pläne, seine Staatsbürger, die für den IS gekämpft haben, zurückzuholen und vor Gericht zu stellen. Angeblich sollen sie ausgeflogen werden.

Aus Deutschland hatten sich nach Erkenntnissen des Innenministeriums bis 2018 etwa 1000 Islamisten auf den Weg nach Syrien gemacht und dem IS angeschlossen. Aus dem Auswärtigen Amt verlautete, man habe zwar Kenntnis von Fällen deutscher Staatsangehöriger, die sich in Nordsyrien angeblich in Gewahrsam befänden. Eigene Erkenntnisse dazu lägen aber nicht vor. Berichten zufolge sollen die SDF derzeit etwa zwei Dutzend deutsche IS-Anhänger festhalten, einige mit Kindern.

In Dänemark stößt Trumps Forderung auf Ablehnung. "Es handelt sich um einige der gefährlichsten Menschen der Welt, und wir sollten sie nicht zurücknehmen", so ein Sprecher von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen. Die verfahrene Situation sei Trumps Schuld, weil er die US-Kräfte abziehen wolle, ehe Syrien stabilisiert sei.

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