Der konservative britische Premierminister Rishi Sunak hat nach gut einem Vierteljahr im Amt sein Kabinett neu zugeschnitten. Ein neues Ministerium für Energiesicherheit - geleitet vom bisherigen Wirtschaftsminister Grant Shapps - solle die Energieversorgung gewährleisten und für niedrigere Gas- und Stromrechnungen sorgen, teilte Downing Street mit. Shapps ist außerdem dafür verantwortlich, die Inflation zu senken - eines der wichtigsten Versprechen Sunaks.
Das neue Ressort wird aus dem Wirtschaftsministerium herausgelöst, das seinerseits mit dem Handelsministerium verschmilzt. Ressortchefin ist die bisherige Handelsministerin Kemi Badenoch. Ebenfalls neu ist ein Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Technologie, das von Michelle Donelan geleitet wird. Deren bisheriges Ressort schrumpft um das Thema Digitales und kümmert sich nun noch um Kultur, Medien und Sport. Die Leitung übernimmt die Abgeordnete Lucy Frazer.
Ausgelöst wurde der Umbau durch den Rauswurf des bisherigen Generalsekretärs der Konservativen, Nadhim Zahawi, der als Minister ohne besonderen Aufgabenbereich am Kabinettstisch saß. Dessen Nachfolger wird der bisherige Handels-Staatssekretär Greg Hands.
Mit der Umbildung will der Premierminister nach Ansicht von Kommentatoren wieder in die Offensive kommen. Sunak steht etwas mehr als 100 Tage nach seinem Amtsantritt bereits erheblich unter Druck. Zwar hat er die Finanzmärkte beruhigt, die durch die Wirtschaftspolitik seiner Vorgängerin Liz Truss ins Chaos gestürzt waren. Allerdings beschäftigen seine Partei immer wieder Skandale und Sunak konnte bisher keine eigenen Akzente setzen. Die Regierung bekommt die seit Wochen tobenden Streiks bei den Bahnen, im Gesundheitsdienst und anderen Branchen ebenso wenig in den Griff wie die steigende Zahl illegaler Einreisen. Alle Umfragen sagen derzeit eine krachende Niederlage bei der für 2024 geplanten Parlamentswahl voraus.
Truss drängt zurück in die Öffentlichkeit
Zudem dürfte Sunak den Druck seiner beiden Vorgänger spüren. Ex-Premier Boris Johnson mischt schon seit Wochen wieder im politischen Geschäft mit. Hohe Spenden und Auslandsreisen nach Kiew und Washington erwecken den Eindruck, Johnson strebe wieder eine Führungsposition oder gar seinen alten Posten in der Downing Street an.
Und auch Liz Truss meldet sich zurück: In einem langen Beitrag für die konservative Zeitung Sunday Telegraph und in einem Interview mit dem TV-Kanal der konservativen Zeitschrift Spectator am Montag machte sie deutlich, dass sie ihre Politik nach wie vor für richtig hält. Mit ihrer Niedrigsteuerpolitik hatte sie zwar ein konservatives Dogma bedient, aber die Finanzmärkte mit ihrem rein schuldenfinanzierten Vorhaben schockiert.
Schuld daran, dass sie als Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte einging, trügen vor allem andere - "ein sehr mächtiges wirtschaftliches Establishment und mangelnde politische Unterstützung". Indem sie darauf beharre, dass sie doch Recht gehabt habe, lege sie nahe, dass Sunak mit seiner gemäßigten, vertrauensbildenden Finanzpolitik falsch liege, kommentierte die BBC.