"Wir sind anständige Leute, wir können zwischen Gut und Schlecht unterscheiden", hat Tim Bell einmal über seine Arbeit in der PR-Branche gesagt. Sie besteht letztlich darin, seine Kunden aus den Medien herauszuhalten oder zumindest besser aussehen zu lassen. Was gut und was schlecht ist in der Welt, darüber wird schon gestritten, seitdem es die Welt gibt. Man kann aber sagen, dass Bell es zum Geschäftsprinzip gemacht hat, Menschen, die als durchaus umstritten gelten, zu einem besseren Bild in der Öffentlichkeit zu verhelfen. Zu den Kunden der von dem heute 75-Jährigen gegründeten PR-Firma Bell Pottinger gehörten Syriens Präsidentengattin, Chiles Diktator Pinochet, der weißrussische Präsident Lukaschenko und der Mörder Oscar Pistorius. Bell übernahm auch Aufträge von Frackingfirmen und Ölkonzernen, die wegen gravierender Umweltverschmutzung unter Beschuss geraten sind. "Wir beherrschen allerlei dunkle Künste", sagte ein Bell Pottinger-Mitarbeiter einmal.
Ihr eigenes Image war der Firma über die Jahre ziemlich egal, solange sie gut verdiente mit Diktatoren. "Wir lassen unsere Kunden die andere Seite der Geschichte erzählen", sagte Lord Bell dazu der britischen Zeitung Guardian. In diesen Tagen ist Bell Pottinger auf einmal selbst die Geschichte. Auf ihren Ausgang hat der legendäre Spin- Doctor Bell selbst nun nur noch wenig Einfluss. In der kommenden Woche will die Branchenvereinigung "Public Relations and Communications Association" entscheiden, ob Bell Pottinger den Verband verlassen muss wegen schwerer Verstöße gegen die ethischen Richtlinien.
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Ein Züchter will große Mengen des Horns verkaufen. Um die Tiere zu schützen, sagt er. Seine Gegner sind sicher: Dem Mann geht es nur um den Profit.
Sie sollten dem Präsidenten helfen, die öffentlichen Kassen zu plündern, sagt die Opposition
Die südafrikanische Oppositionspartei Democratic Alliance wirft Bell Pottinger vor, "eine hasserfüllte Kampagne gestartet zu haben, die Südafrika entlang der Rassengrenzen trennen sollte" - und dem südafrikanischen Präsidenten helfen sollte, "die öffentlichen Kassen zu plündern".
Anfang 2016 wurde Lord Bell von der südafrikanischen Firma Oakbay angesprochen, ob er Interesse an einem Auftrag habe. Oakbay ist eine Investment-Firma, die den Gupta-Brüdern gehört, indischen Einwanderern mit besten Beziehungen zu Südafrikas Präsident Jacob Zuma. Wie eng die sind, weiß Südafrika, seitdem Hunderttausende E-Mails der Gupta-Familie gehackt wurden. Seither ist jede Woche zu lesen, wie die Guptas staatliche Aufträge erhalten und über Ministerposten mitbestimmen dürfen, während im Gegenzug Zuma und seine Clique im ANC immer reicher werden.
Bell Pottinger soll den PR-Vertrag direkt mit Zumas Sohn Duduzane Zuma ausgehandelt haben, der damals auf der Lohnliste von Oakbay stand. Ziel der Kampagne sollte nicht sein, die Korruptionsvorwürfe gegen die Zumas oder Guptas zu kontern oder falsche Behauptungen richtigzustellen. Vielmehr geht aus den gehackten E-Mails hervor, dass der Präsidentensohn Bell Pottinger aufforderte, einfach ein neues Fass aufzumachen - ein großes Ablenkungsmanöver. Er stelle sich "ein Narrativ" vor, das "die Aufmerksamkeit der einfachen Leute erreicht, die sich verbunden und vereinigt fühlen sollen". So sagte es Duduzane Zuma laut einer E-Mail der damaligen Südafrika-Chefin von Bell Pottinger.
Ein Vertrag wurde ausgehandelt, mit etwa 110 0000 Euro monatlicher Gage. Die PR-Profis gingen sofort ans Werk. Als Thema hatte der Präsidentensohn noch "EconomicEmancipation" vorgegeben. In Südafrika ein wichtiger Begriff, der die Umverteilung der wirtschaftlichen Reichtümer beschreibt und ein Kampfbegriff der politischen Auseinandersetzung geworden ist. Wenig später tauchten im Netz plötzlich viele neue Twitterprofile auf, die begannen, reiche weiße Geschäftsleute anzugreifen. Präsident Zuma sprach plötzlich häufig vom "weißen Kapital-Monopol", das es zu brechen gelte. Und das auch hinter den Rücktrittsforderungen gegen ihn stecke.
Kritik am Präsidenten konterte seine Clique mit dem Vorwurf, die Opposition mache sich gemein mit jenen, welche die "ökonomische Apartheid" aufrechterhalten. Ein schwerer Vorwurf in einem Land, das sich vor gut zwei Jahrzehnten anschickte, aus einem Apartheid-Staat eine Regenbogen-Nation zu machen, mit gleicher Teilhabe für alle. Was nur zu einem kleinen Teil gelang. Es hat sich eine schwarze Mittelschicht gebildet, die Zahl derer, die unter der Armutsgrenze leben, ist gesunken. In den sieben Jahren unter Präsident Zuma ist die Wirtschaft aber in eine Rezession gestürzt, die Arbeitslosigkeit steigt. Zuma redet zwar von Umverteilung der Reichtümer, in der Praxis aber ist er vor allem damit beschäftigt, die Reichtümer seiner Familie zu mehren. Viele Weiße murren über die Korruption unter Zuma, über eine moralisch verwahrloste Regierung. Sind aber insgeheim ganz froh, dass der ANC den Status quo nicht nachhaltig angetastet hat.
In den Städten haben Zuma deshalb viele schwarze Wähler den Rücken gekehrt. Seine Machtbasis sind ländliche Gebiete, an die Menschen dort sollte sich die Kampagne von Bell Pottinger richten. "Das war eine koordinierte Aktion, mit dem Ziel, den finanziellen Interessen der Guptas zu dienen und sicherzustellen, dass der gefangen genommene ANC weiter lukrative Aufträge an die Guptas vergibt, die sich die Taschen füllen", sagt Oppositionschef Mmusi Maimane. Bell Pottinger müsse dafür zur Rechenschaft gezogen werden.
Die PR-Firma behauptete lange, nichts Falsches getan zu haben und versuchte, sich als Opfer einer Kampagne in sozialen Medien darzustellen. Als die Vorwürfe nicht enden wollten, startete die Firma eine interne Untersuchung. Danach gab Vorstandschef James Henderson eine "volle, eindeutige und absolute Entschuldigung" ab. Er sagte: "Diese Aktivitäten hätten nie stattfinden dürfen."
Tim Bell, auf Margaret Thatchers Vorschlag einst zum Ritter geschlagen - weil er auch ihr Image aufpoliert hatte, und unter Tony Blair zum "Baron" befördert, hat seine Firma mittlerweile verlassen, auch wegen der Geschäfte in Südafrika. Er habe seine Leute immer gewarnt, dass da etwas "stinke".