Südafrika:Empörung über Gewalt gegen Migranten

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Ein Frau demonstriert in Johannesburg gegen Fremdenfeindlichkeit. (Foto: Kevin Sutherland/dpa)
  • Bei Unruhen in Südafrika sind innerhalb weniger Tage mindestens sechs Menschen getötet und Tausende aus ihren Häusern vertrieben worden.
  • Der Frust in dem von hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Land bricht sich in Form von Ausländerhass bahn.
  • Als Auslöser der Gewalt gilt ein Appell des Zulu-Oberhauptes Goodwill Zwelithini, der Migranten aufgefordert hatte, das Land zu verlassen.
  • Dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma wird Untätigkeit vorgeworfen. Im afrikanischen Ausland wird der Ruf nach einem Boykott südafrikanischer Produkte und Firmen laut.

Von Isabel Pfaff, München

Es ist diesmal nicht der Südsudan, die Zentralafrikanische Republik oder der Kongo. Nein, die neusten Flüchtlingscamps wurden in den vergangenen Tagen in Südafrika aufgestellt - kein Krisenstaat, sondern die einzige Industrienation des Kontinents. Fremdenfeindliche Gewalt hat hier innerhalb weniger Tage etwa 5000 Einwanderer aus ihren Häusern vertrieben. Mindestens sechs Menschen wurden getötet, Hunderte Läden geplündert und zerstört. Die Unruhen, die sich vor allem gegen Immigranten aus anderen afrikanischen Staaten richten, begannen um die Osterfeiertage in der Hafenstadt Durban im Osten des Landes und haben inzwischen auch die Vororte der Wirtschaftsmetropole Johannesburg erreicht.

Geflohene berichten von Männertrupps, die nachts in ihr Haus kamen und ihnen unter Todesdrohungen allen Besitz nahmen; Fernsehsender zeigen Ladenbesitzer aus Äthiopien oder Somalia, die fassungslos in ihren zerstörten Geschäften stehen. Viele erinnern sich an das Jahr 2008: Damals war es zu den bislang schlimmsten fremdenfeindlichen Ausschreitungen in der Geschichte Südafrikas gekommen - mit mehr als 60 Toten.

Südafrika
:Gewalt gegen Einwanderer

Der Hass bricht sich Bahn: In Südafrika werden Einwanderer vertrieben, ihre Läden werden geplündert und zerstört. Mindestens sechs Menschen wurden schon getötet.

Heute hängen wieder dieselben Vorwürfe in der Luft: Einwanderer würden den Einheimischen die Jobs stehlen; sie arbeiteten für Löhne, von denen Einheimische nicht leben könnten. Südafrika ist von krasser Ungleichheit und hoher Arbeitslosigkeit geprägt. Offiziell liegt die Arbeitslosenquote bei etwa 25 Prozent, faktisch sind wohl mehr Leute ohne Job. In Gesellschaften wie dieser wächst der Frust, und Migranten taugen als Zielscheibe - vor allem, wenn sie viele sind. Geschätzte fünf Millionen Einwanderer leben in Südafrika, etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung.

Zulu-Oberhaupt fordert Migranten zum Verlassen des Landes auf

Auslöser der Gewalt soll eine Rede von Goodwill Zwelithini, dem traditionellen Oberhaupt der Zulu, gewesen sein: Er hatte Migranten im März aufgefordert, ihre Sachen zu packen und zu gehen. Inzwischen hat Zwelithini angekündigt, sich mit den übrigen Oberhäuptern der Region zu treffen, um die Ausschreitungen zu stoppen. Am Samstag besuchte Südafrikas Präsident Jacob Zuma eines der Flüchtlingscamps in Durban und kündigte an, die Gewalt zu beenden. Der Regierung und den Sicherheitskräften wurde zuletzt Untätigkeit vorgeworfen; einige der Gewaltopfer gaben an, die Polizei hätte bei Ausschreitungen nur zugesehen.

Unterdessen wächst die Wut im afrikanischen Ausland. Südafrikanische Unternehmen und Produkte sind überall auf dem Kontinent präsent und profitieren von den dortigen Absatzmärkten. Dass Einwanderer ausgerechnet dort angegriffen und nicht genügend Schutz von der Regierung erhalten, empört viele Länder. Die Regierungen von Mosambik, Malawi und Simbabwe haben bereits angekündigt, ihre Bürger heimzuholen; andere Staaten drohen damit, südafrikanische Unternehmen auf ihrem Gebiet zu schließen.

Auch viele Südafrikaner zeigen sich beschämt. In Durban bekundeten am Donnerstag knapp 5000 Menschen ihre Solidarität mit den Einwanderern und riefen zu einem vereinten Afrika auf. "Schande über uns alle" titelte die Wochenzeitung Mail & Guardian am Freitag und erinnerte daran, wie bedeutend die Unterstützung anderer afrikanischer Staaten im Kampf gegen die Apartheid war. Viele Freiheitskämpfer fanden damals Zuflucht in den Nachbarländern.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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