Sudan:Ein Putsch wird rückgängig gemacht

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Sudanesen protestieren am Sonntag in der Hauptstadt Khartum gegen den Militärputsch. (Foto: -/AFP)

Der vom Militär entmachtete Premier Hamdok soll wieder eingesetzt werden. Dürfen nun doch Zivilisten in die Regierung?

Von dpa und reuters, Khartum

Im Sudan wird offenbar der bei einem Militärputsch vor rund vier Wochen entmachtete Regierungschef Abdalla Hamdok wieder eingesetzt. Das Militär habe einer entsprechenden Vereinbarung in Vermittlungsgesprächen am späten Samstagabend zugestimmt, hieß es in Verhandlungskreisen am Sonntag. Hamdok solle ein unabhängiges Kabinett aus Technokraten bilden, und alle politische Gefangenen sollten im Rahmen der Vereinbarung zwischen dem Militär und den zivilen Parteien freigelassen werden, sagte der Vorsitzende der Umma-Partei, Fadlallah Burma Nasir, der an den Verhandlungen teilgenommen hatte, der Nachrichtenagentur Reuters. Laut der Vereinbarung darf Hamdok ein Kabinett mit zivilen Vertretern bilden. Der nationale Souveränitätsrat sollte demnach noch im Tagesverlauf zu einer Sondersitzung zusammenkommen und die Entscheidung bekanntgeben.

Das Militär hatte im Sudan am 25. Oktober die Macht übernommen und Ministerpräsident Hamdok unter Hausarrest gestellt. Es hatte zudem die Übergangsregierung und auch den paritätisch geführten zivil-militärischen Rat aufgelöst. Diese sollten nach dem Sturz des autokratischen Machthabers Omar al-Baschir infolge eines Volksaufstandes im April 2019 den demokratischen Prozess vorantreiben und eine für 2023 geplante Wahl vorbereiten. Zudem wurden mehrere Zivilisten festgenommen, die nach Baschirs Sturz im Rahmen einer mit dem Militär vereinbarten Machtteilung Spitzenpositionen innehatten. Hamdok hatte nach dem Putsch die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Rückkehr zur Machtteilung als Bedingung für Verhandlungen mit dem Militär gefordert, wie aus seinem Umfeld verlautete.

Darf wieder regieren: der vor vier Wochen gestürzte Premier Hamdok bei einem TV-Auftritt am Sonntag. (Foto: -/AFP)

Nach dem Putsch hat es immer wieder Massenproteste gegen das Militär gegeben, bei denen mehrere Menschen getötet wurden. Auch für Sonntag waren in der Hauptstadt Khartum weitere Proteste angekündigt. Die USA, Deutschland und andere westliche Staaten hatten den Putsch verurteilt und eine Rückkehr zu einem von Zivilisten geführten Übergang zur Demokratie gefordert. Zudem wurden Wirtschaftshilfen ausgesetzt.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hatte zuletzt ein düsteres Bild von der Lage im Sudan gezeichnet. Nach dem Militärputsch seien auffällig viele Menschen festgenommen worden, die sich um Korruptionsvorwürfe gegen das 2019 gestürzte Regime und die Rückführung von gestohlenem Volksvermögen kümmerten, sagte Bachelet vor zwei Wochen bei der Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf. Das lege nahe, dass die Militärführung dabei sei, Versprechungen der Übergangsregierung über Bord zu werfen. Dazu gehörten institutionelle Reformen, Rechenschaft für vergangenen Missbrauch und die Garantie, dass Ähnliches nicht wieder vorkomme.

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