Streit um Kosten für Polizeieinsatz:Teuer, teurer, Castor-Transport

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Mindestens 25 Millionen Euro wird der Polizeieinsatz rund um den Castor-Transport wohl kosten. Die will Niedersachsen nicht alleine tragen. Aber wer soll zahlen? Der Bund? Die Atomindustrie? Oder gar die "illegalen Demonstranten"?

Malte Conradi

Die elf Castor-Behälter sind auf dem Gelände des Zwischenlagers Gorleben angekommen, doch die Demonstranten fühlen sich als die Sieger der vergangenen Tage. Immerhin haben sie mit bis zu 4000 Blockierern die größten Protestaktionen in der Geschichte des Wendlands auf die Beine gestellt. Sie haben den Castor-Transport mit 92 Stunden zum langwierigsten gemacht, den es in Deutschland je gab, und sie haben 20.000 Polizisten zu Dauereinsätzen von zum Teil mehr als 30 Stunden am Stück gezwungen.

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Nichts beschäftigt Deutschland mehr als die Atommüll-Transporte. Klar, dass sich kein Politiker so ein Thema entgehen lässt. Eine Typologie der Meinungen.

All das hat die Kosten für den Transport in die Höhe schnellen lassen. Und damit haben die Atomkraftgegner ihr eigentliches Ziel erreicht: Deutschland streitet darüber, wer den Polizeieinsatz zur Sicherung des Atommüll-Transports bezahlen soll. Und je heftiger die Diskussion über die Kosten, desto mehr wird auch die Atomenergie selbst in Frage gestellt, so das Kalkül der Aktivisten.

Von bis zu 25 Millionen Euro Kosten für sein Bundesland spricht Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU). Die Deutsche Polizeigewerkschaft nennt sogar schon Gesamtkosten von circa 50 Millionen Euro. In jedem Fall will die Landesregierung in Hannover nicht mehr alleine zahlen. "Das ist und bleibt eine Ungerechtigkeit", sagte McAllister. Bei der nächsten Innenministerkonferenz, die in zehn Tagen in Hamburg beginnt, will Niedersachsen einen Sonderlastenausgleich beantragen. Damit würde der Bund für die Kosten einspringen.

Die Bundesregierung ließ allerdings schon wissen, dass sie an dem herkömmlichen Prinzip festhalten will. Demnach übernehmen die Bundesländer, die Polizisten zur Verstärkung in ein anderes Land entsenden, nur die Fixkosten, also etwa die Gehälter der Beamten. Das Bundesland, in dem der Einsatz stattfindet, muss für die Mehrkosten wie Übernachtung und Verpflegung aufkommen. Von den 20.000 Beamten, die in den vergangenen Tagen im Wendland im Einsatz waren, stammten etwa 12.000 von Länderpolizeien. Außerdem waren 8000 Bundespolizisten vor Ort - die Kosten für ihren Einsatz übernimmt der Bund. 2003 schlug der Castor-Transport für Niedersachsen mit 25 Millionen Euro zu Buche, 2008 waren es 21,5 Millionen.

Während McAllisters Parteikollegen, die Staatsministerin im Umweltministerium Katherina Reiche und Bundestagspräsident Norbert Lammert, Verständnis für die Forderung aus Hannover zeigen, lehnt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine Beteiligung der anderen Bundesländer kategorisch ab. Jedes Bundesland übernehme hin und wieder solidarisch Aufgaben für andere Länder, die Kostenbelastung würde sich so über die Jahre ausgleichen.

Sollen die Demonstranten zahlen?

Wenn schon die Kosten neu verteilt werden sollen, sagt Herrmann, dann solle man doch die "illegalen Demonstranten" zur Kasse bitten. "Man muss sich eher fragen, warum die nicht die Kosten zahlen", sagte Herrmann. Unterstützung erhält Herrmann in seiner Forderung von Joachim Pfeiffer, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Wer das Demonstrationsrecht missbrauche, solle auch für die Kosten aufkommen, sagte Pfeiffer.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft und der Steuerzahlerbund haben noch eine andere Idee. Sie wollen die Einsatzkosten den Betreibern der Atomkraftwerke in Rechnung stellen. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Atomindustrie jedes Jahr Milliardengewinne einstreiche, die Kosten für die Sicherheit beim Transport von Atommüll aber beim Steuerzahler ablade, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Rainer Wendt.

Schätzungen zufolge erwirtschaften die Betreiber von Atomkraftwerken alleine dank der Laufzeitverlängerung zusätzliche Gewinne von etwa 120 Milliarden Euro. Laut einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben die deutschen Steuerzahler die Atomenergie in den vergangenen fünf Jahren mit mindestens 80 Milliarden Euro subventioniert.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hält den Forderungen nach einer Beteiligung der Energiekonzerne entgegen, die Deponierung von Atommüll sei Aufgabe des Staates. "Wir haben Kernenergie in der Vergangenheit genutzt, und diese Folgen müssen wir heute tragen. Dafür zahlen wir Steuern, das ist so", sagte Röttgen in der ARD.

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