Streit um Anti-Islam-Kundgebungen:De Maizière zeigt Verständnis für "Pegida"-Demonstranten

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  • In der Union mehren sich die Stimmen, die Sorgen der "Pegida"-Teilnehmer ernst zu nehmen: Bundesinnenminister de Maizière wirbt in den ARD-"Tagesthemen" für mehr Gespräche und Aufklärung.
  • Nordrhein-Westfalens Innenminister Jäger bezeichnet die "Pegida"-Demonstranten als "Neonazis in Nadelstreifen".
  • An diesem Freitag setzen die Innenminister ihre Herbsttagung in Köln fort. An den abschließenden Beratungen über Extremismus und islamistischen Terror nimmt de Maizière teil.

Innenminister de Maizière äußert Verständnis für "Pegida"-Demonstranten

Angesichts des Zulaufs zu Demonstrationen der Anti-Islam-Bewegung "Pegida" mehren sich in der Union Stimmen, die Sorgen der Teilnehmer ernst zu nehmen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in den ARD-"Tagesthemen", zwar gebe es bei den Initiatoren "problematische Entwicklungen". Und, anders als sie sich selbst bezeichneten, seien sie auch keine patriotischen Europäer. "Aber unter denjenigen, die da teilnehmen, gibt es doch ganz schön viele, die bringen ihre Sorgen zum Ausdruck vor den Herausforderungen unserer Zeit."

De Maizière wies auf eine Studie hin, die belege, dass sich ein Teil der Bürger wie Fremde im eigenen Land fühlten. "Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen, damit müssen wir uns auseinandersetzen." Dabei würden Aufklärung, Gespräche und das Lösen der Probleme helfen.

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Bayerns Innenminister Herrmann warnt vor "Rattenfängern"

Ähnlich äußerte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Dabei müssen wir die Ängste der Bevölkerung aufnehmen, bevor es rechtsextremistische Rattenfänger mit ihren dumpfen Parolen tun. Der Aufruf zur Toleranz allein wird hier nicht mehr reichen", sagte er der Bild-Zeitung. Herrmann forderte die in Köln laufende Innenministerkonferenz von Bund und Ländern auf, eine Strategie zu entwickeln. An diesem Freitag setzen die Innenminister ihre Herbsttagung fort. Auch de Maizière wird teilnehmen.

Zuvor hatte bereits Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) für Gespräche mit den Teilnehmern geworben. Zugleich hatte er das Verhalten der mit der Union konkurrierenden Alternative für Deutschland (AfD) scharf kritisiert. Diese hatte sich an die Seite der "Pegida"-Demonstranten gestellt.

NRW-Innenminister Jäger über "Pegida": "Neonazis in Nadelstreifen"

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Nordrhein-Westfalens Ressortchef Ralf Jäger (SPD), hatte dagegen am Donnerstag - dem ersten Tag der Ministerberatungen - die "Pegida"-Organisatoren als "Neonazis in Nadelstreifen" bezeichnet. Am Freitag bekräftigte er seine Einschätzung. Hinter Aufmärschen in Nordrhein-Westfalen stehe die rechtsextreme Partei Pro NRW. "Das ist eine besorgniserregende Gefahr. Wenn sich das verfestigt, haben wir eine rechtsextremistische Strömung, die keiner in Deutschland will", sagte Jäger. Sachsens Minister Markus Ulbig (CDU) hatte ihn vor einer Stigmatisierung der Anhänger gewarnt.

In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" befand es am Abend auch der Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, für unzulässig, das Gros der Demonstranten mit Rechtsextremisten gleichzusetzen - wenngleich solche darunter seien. Er warb für einen inhaltlichen Dialog mit besorgten Bürgern.

Das Kürzel "Pegida" steht für "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Die Bewegung hat ihren Ursprung in Dresden. An der wöchentlichen Demonstration hatten sich dort am Montag 10 000 Menschen beteiligt - 9000 Gegendemonstranten hatten zugleich gegen die Kundgebung protestiert. Als Gesicht der Bewegung und einer der Initiatoren gilt der vorbestrafte Lutz Bachmann. Direkte Bezüge zum organisierten Rechtsextremismus lassen sich bei den Organisatoren nicht nachweisen.

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