Neuer Streit mit der Türkei:Berlin weist Ankaras Drohung zurück

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Der türkische Innenminister Suleyman Soyluim Präsidentenpalast in Ankara (Foto: dpa)
  • Die Lage zwischen der Türkei und Deutschland ist erneut angespannt.
  • Die Türkei hatte angedeutet, Personen, die an PKK-Demos im Ausland teilnehmen, bei der Einreise in die Türkei verhaften zu wollen.
  • Das Auswärtige Amt bezeichnete die Ankündigung nun als "nicht hilfreich".

Von Markus Balser, Berlin, und Luisa Seeling, Berlin/München

Zwischen Deutschland und der Türkei ist neuer Streit entbrannt. Auslöser ist eine Äußerung des türkischen Innenministers Süleyman Soylu. Er hatte vor Kurzem gesagt, wer in Deutschland oder anderen europäischen Ländern an Kundgebungen von "Terrororganisationen" teilnehme und danach in die Türkei reise, werde festgenommen. Die Äußerungen seien "nicht hilfreich in der aktuellen Situation", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Mittwoch. "Ich empfehle jedem, der in die Türkei reisen will, sich unsere Reise- und Sicherheitshinweise genau anzuschauen."

Mehrere deutsche Zeitungen hatten über Soylus Worte berichtet. Die Regierung in Ankara fühlt sich missverstanden und weist Berichte, wonach deutsche Touristen beim Türkeiurlaub mit einer Festnahme rechnen müssten, als "haltlos" zurück. Soylus Worte, die am Sonntag gefallen waren und über die zuerst türkische Medien berichtet hatten, seien "bewusst aus dem Kontext gerissen" worden, hieß es am Dienstag aus dem türkischen Außenministerium. Urlauber würden auch künftig mit "der traditionellen türkischen Gastfreundschaft" willkommen geheißen.

Bedrohte Pressefreiheit
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Bei den betroffenen Journalisten handelt es sich um Thomas Seibert, der bisher für den Tagesspiegel aus der Türkei berichtete, sowie Jörg Brase, der für das ZDF vor Ort ist. Die Bundesregierung ist alarmiert.

Soylu hatte sich offenbar auf Aktivitäten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bezogen, die in der Türkei wie in Deutschland verboten ist. Ankara beklagt schon lange, von Deutschland im Antiterrorkampf zu wenig unterstützt zu werden. Allerdings hat die Türkei ihre Auffassung davon, was als Terrorunterstützung gilt, zuletzt immer mehr ausgeweitet. Wiederholt wurden auch deutsche Staatsbürger unter dem Vorwurf der Terrorbeihilfe festgenommen, oft wegen Postings in sozialen Netzwerken. "Äußerungen, die in Deutschland durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind, können in der Türkei zu strafrechtlicher Verfolgung führen", warnte die Sprecherin; so steht es auch in den Reisehinweisen.

Soylu hatte auch von "Maßnahmen" gesprochen, die man getroffen habe, um Teilnehmer einschlägiger Kundgebungen bei der Einreise zu verhaften; dies könnte darauf hindeuten, dass die türkischen Behörden Informationen über mutmaßliche PKK-Anhänger in Deutschland sammeln und Namenslisten erstellen.

Seibert mahnt rechtsstaatliche Verfahren an

Verschärft wird der Streit durch Probleme bei der Akkreditierung deutscher Journalisten in der Türkei. Drei von ihnen wurde kürzlich die Akkreditierung ohne Angabe von Gründen entzogen, viele warten noch auf einen Bescheid. Auch Pressevertreter anderer europäischer Länder sind betroffen. Regierungssprecher Steffen Seibert forderte Ankara am Mittwoch auf, rasch eine Lösung zu finden. "Für uns ist ganz klar: Journalisten müssen in der Türkei ihre Arbeit frei machen können."

Seibert mahnte auch rechtsstaatliche Verfahren an. Derzeit würden viele Prozesse gegen türkische Journalisten und Kulturschaffende eröffnet. "Das besorgt uns sehr." Insbesondere dürfte er sich dabei auf den Prozess gegen den Kulturmäzen Osman Kavala und 15 Mitangeklagte beziehen, der am 24. Juni beginnen soll. Den Beschuldigten droht lebenslange erschwerte Haft.

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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