CDU und CSU ringen weiter um Einigkeit in der Steuerpolitik. Insbesondere in der CSU gehen allerdings die Ansichten darüber auseinander, wie schnell die Bürger angesichts der Milliardenüberschüsse in den Haushaltskassen entlastet werden sollen. Dabei gerät auch CSU-Chef Horst Seehofer unter Druck. Seehofer widersprach am Montag erneut seinem Finanzminister Markus Söder, der noch vor der Bundestagswahl Steuersenkungen anstoßen will.
"Etwas zu beginnen und zu scheitern, ist meistens nicht von politischem Erfolg gekrönt", sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Er bezog diese Aussage auf die Mehrheit von Rot-Grün im Bundesrat, die Steuersenkungen ablehnt. Wenn man Dinge in den Mittelpunkt der Politik stelle, deren Realisierungsmöglichkeiten gering seien, verstärke man die Vorbehalte gegenüber der Politik, fügte er hinzu. "Wir holen uns für Steuerentlastungen bei der Wahl die Zustimmung der Bevölkerung. Dann kommen sie auch."
Bundestagswahlkampf:Die Union, eine Steuersenkungspartei a. D.
Es wäre so einfach, mit Steuerpolitik bei den Wählern zu punkten. Stattdessen lavieren CDU und CSU um ihr Wahlkampf-Konzept herum - und verbauen sich so große Chancen.
Söder hatte am Sonntag erneut angeregt, Steuersenkungen und die Abschaffung des Solidaritätszuschlags "schneller als geplant doch noch einmal zu diskutieren" - also vor der Bundestagswahl. Er forderte die Union auf, eigene Akzente zu setzen und damit die Glaubwürdigkeit bei den Wählern zu stärken. Es sei "kein Zufallsstolperer", wenn die SPD die Union zum ersten Mal in zehn Jahren in den Umfragen überhole, sagte er.
CDU-Politiker wollen über Steuerentlastungen erst nach der Wahl reden
Söder steht nicht allein. Auch der frühere CSU-Finanzminister Theo Waigel hatte am Sonntag für den "sofortigen Abbau des Soli" plädiert. Hans Reichhart, Vorsitzender der JU Bayern, sagte der SZ, er hoffe darauf, dass Seehofer doch noch einlenke. Mit einem eigenen Steuerkonzept vor den Wahlen könne die Union am besten die Unterschiede zur SPD herausarbeiten. Es gehe jetzt um die "volle Wahlauseinandersetzung".
Die SPD hat in den vergangenen Wochen in den Umfragen überraschend zehn Prozentpunkte aufgeholt und liegt jetzt vor oder gleichauf mit der Union. Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) sagte dagegen, es gebe keinen Grund, an der Beschlusslage zu rütteln. Die Union werde nach der Wahl eine Steuerentlastung und die schrittweise Abschmelzung des Soli planen. Ähnlich hatten sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geäußert.
Seehofer riet, den guten Umfragewerten der SPD mit "Gelassenheit" zu begegnen. "Wir können nicht nach jeder Umfrage eine Strategie definieren". Wahlen gewinne man nicht durch Fragen und Selbstzweifel, sondern indem man Kampfesmut und Zuversicht ausstrahle. Schulz sei "eine Herausforderung, die so bis zum Jahresanfang nicht gegeben war".
Der CSU-Chef sagte, die Union arbeite jetzt "in aller Ruhe" an ihrem gemeinsamen Wahlprogramm. Die "Agenda 2025" soll im Sommer vorgestellt werden und auch Steuersenkungen enthalten. Wesentliche Inhalte seien auch die Sicherung von Jobs und der soziale Schutz der Bevölkerung. Wer in seiner Betonung der sozialen Sicherheit eine Reaktion auf Schulz sehe, liege aber falsch. Den sozialen Ausgleich habe er immer im Blick. "Da brauch ich nicht einen Kandidaten Schulz dazu."
Union will "Agenda 2025" im Sommer vorstellen
Auf Söders Forderung, wonach Angela Merkel mehr "Motivationsarbeit für die Basis" leisten solle, sagte Seehofer: "Wir haben uns aus Überzeugung dafür entschieden, die Kandidatur der Bundeskanzlerin zu unterstützen. Den Erfolg werden wir nur haben, wenn wir entschieden für unsere Kanzlerin eintreten." Wie die Union am effektivsten Wahlkampf mache, werde der CSU-Chef mit Merkel "unter vier Augen" besprechen. "Da gehört es auch hin."
Der frühere CSU-Chef Erwin Huber wies Söders Vorstoß als "Effekthascherei" zurück. "Ins Blaue hinein zu schießen, ohne Chancen auf Mehrheiten, halte ich nicht für eine sinnvolle Antwort", sagte er. Die Kanzlerin sei geschickt im Führen von Wahlkämpfen und brauche nicht täglich einen Ratschlag aus Bayern. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Friedrich meinte allerdings, Merkel könne "ruhig etwas plakativer" auftreten. Die Union müsse sich auf ihre Stammwähler besinnen.