Umfrage:Vertrauen in den Staat auf dem Tiefpunkt

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Das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates ist in Deutschland nicht sehr hoch. (Foto: imago stock&people/imago stock&people)

Nur noch gut ein Viertel der Bürger glaubt, dass Regierung und öffentlicher Dienst den Herausforderungen gewachsen sind.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Die Bürgerinnen und Bürger verlieren offenbar ihr Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des deutschen Staates. Das geht aus der Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbundes hervor, die am Dienstag veröffentlicht worden ist. Demnach finden nur 27 Prozent, der Staat sei in der Lage, seine Aufgaben zu erfüllen. 69 Prozent dagegen halten ihn für überfordert. Gemessen an den Vorjahren hat das Bürgervertrauen damit einen neuen Tiefpunkt erreicht.

2019 hielt noch ein gutes Drittel der Befragten den Staat für handlungsfähig, danach folgte ein Corona-Hoch mit 56 Prozent im Jahr 2020 und 45 Prozent ein Jahr später. Doch schon im vergangenen Jahr brach der Wert auf 29 Prozent ein. Die neuen Zahlen nannte der Bundesvorsitzende des Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, am Dienstag "alarmierend".

Dabei zeichnen sich durchaus Unterschiede ab. Im Osten, wo im kommenden Jahr in drei Bundesländern gewählt wird und die AfD derzeit jeweils die stärkste Kraft in den Umfragen ist, halten laut der Erhebung sogar 77 Prozent den Staat für überfordert. Nur noch jeder Fünfte glaubt, der Staat könne seine Aufgaben erfüllen.

Staatsvertrauen ist höher im Alter

Generell steigt das Staatsvertrauen mit dem Alter; am stärksten ist es zudem unter Anhängern der Grünen (52 Prozent), am geringsten unter denen der AfD (sechs Prozent). Diejenigen Bürger, die dem Staat Überforderung attestieren, sehen diese besonders ausgeprägt in der Asyl- und Flüchtlingspolitik, beim Thema Bildung und im Klima- und Umweltschutz. Als wichtigste Aufgaben für den Staat nennen die Bürger die soziale Gerechtigkeit, eine bessere Infrastruktur sowie Investitionen in den Klimaschutz und den Ausbau erneuerbarer Energien. Allerdings wird Letzteres im Westen für wichtiger erachtet als im Osten, wo wiederum die Entlastung der Bürger angesichts der Inflation eine größere Priorität hat als im Westen.

"Die Gräben zwischen Ost und West, Arm und Reich, je nach Bildungsabschluss werden tiefer und der gesellschaftliche Stresslevel steigt", sagte Silberbach. Letzteres macht der Beamtenbund-Chef auch daran fest, dass 80 Prozent der Befragten eine Verrohung der Gesellschaft empfinden. Gut jeder Vierte hat schon Übergriffe auf Beschäftigte des öffentlichen Dienstes beobachtet, besonders häufig auf Polizisten und Rettungskräfte. "Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zahlen die Zeche für den generellen Ansehensverlust des Staates", so Silberbach.

Was den öffentlichen Dienst selbst angeht, so finden 45 Prozent der befragten Bürger, er sei verglichen mit dem vergangenen Jahr weniger leistungsfähig geworden; damals sah das bereits ein ähnlich großer Teil so. Unter den verschiedenen Sparten des öffentlichen Dienstes bekommen Straßenreinigung und Müllabfuhr die besten Noten, gefolgt von Bibliotheken, Museen und Kindergärten. Auf den hintersten Plätzen liegen die Arbeitsämter, Landes- und Bundesministerien. Für die repräsentative Umfrage hatte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Juni gut 2000 Bürger online befragt.

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