Staatsangehörigkeitsrecht:Deutscher Pass nur bei gutem Gehalt

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Bislang ist bei einer Einbürgerung ein Eid auf das Grundgesetz nötig, bald könnte eine Prüfung der Einkommensverhältnisse dazukommen. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Die Bundesregierung will die Einbürgerung erleichtern - außer für Menschen, die Sozialleistungen erhalten. Das betrifft vor allem Behinderte, Frauen und Kinder.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Der Proteststurm kam nicht überraschend, am Montag hat er sich im Innenausschuss des Bundestags entladen. 17 Sachverständige haben sich dort zu den Plänen der Bundesregierung geäußert, das Staatsangehörigkeitsrecht zu modernisieren. Einwanderer und ihre Kinder sollen schneller als bisher die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können. Auch Mehrstaatigkeit wird erlaubt, gegen Einwände mancher Staatsrechtler. Besonders laut aber wurde am Montag die Kritik an einer Verschärfung, die die FDP in den Gesetzentwurf hineinverhandelt hat. Sie betrifft Menschen, die keinen Anspruch auf Einbürgerung haben sollen, weil sie von der eigenen Hände Arbeit nicht leben können. Neun von 17 Sachverständigen hielten das für inakzeptabel.

Voraussetzung für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft ist nach den Plänen der Bundesregierung unter anderem, dass Ausländerinnen und Ausländer sich nicht strafbar gemacht haben und zur demokratischen Grundordnung bekennen. Sie müssen aber auch den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie sichern können, ohne Bezug von Sozialleistungen.

FDP: Die deutsche Staatsbürgerschaft setzt wirtschaftliche Leistungsfähigkeit voraus

Ursprünglich galt bei diesem Leistungsprinzip allerdings eine Ausnahme. Wer die Abhängigkeit von staatlicher Stütze "nicht zu vertreten" hat, also nicht selbst verantwortlich dafür ist, sollte im ersten Entwurf des Gesetzes auch weiter Anspruch auf Einbürgerung haben, wenn sonst alle Kriterien erfüllt sind. Diesen Passus hat die FDP nun streichen lassen - gegen Widerstände von SPD und Grünen. Das hohe Gut der deutschen Staatsbürgerschaft setze wirtschaftliche Leistungsfähigkeit voraus, heißt es bei den Liberalen. Wer materiell nicht auf eigenen Beinen stehe, könne sich immer noch als Härtefall bewerben. Die Entscheidung liegt dann allerdings im Ermessen der lokalen Behörde, ein Anspruch auf Einbürgerung besteht laut Entwurf hier nicht mehr.

Gegen diese Entscheidung, die auch SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser mitträgt, gab es am Montag reichlich Widerworte. "Nach Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden", gab der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, in seiner Stellungnahme zu bedenken. Werde der Anspruch auf Einbürgerung an volle wirtschaftliche Selbstständigkeit geknüpft, sei das für Menschen mit Behinderungen "eine mittelbare Diskriminierung". Die Regelung benachteilige auch "voll erwerbsfähige Menschen mit Behinderungen", die trotz intensiver Arbeitssuche keinen Job fänden. Auch der Verweis auf eine Bewerbung als Härtefall vermöge diese Nachteile "nicht zu kompensieren".

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Neben der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes und den Kirchen äußert auch der Deutsche Gewerkschaftsbund Kritik. "Die Einbürgerung nun weitreichend vom Einkommen abhängig zu machen, widerspricht demokratischen Grundprinzipien", hieß es hier. Verfassungsrechtliche Bedenken gab es aber auch mit Blick auf Frauen, die durch die Pläne von Einbürgerung weitgehend ausgeschlossen würden. "Das betrifft insbesondere pflegende Angehörige, Rentnerinnen, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten, sowie alleinerziehende Mütter", warnte die Augsburger Rechtswissenschaftlerin Sina Fontana.

Bleibe der Entwurf, wie er sei, drohe ein Bruch zwischen Staatsangehörigkeitsrecht und Sozialrecht, erklärte Tarik Tabbara von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Denn beim Bezug von Sozialleistungen sei es durchaus relevant, ob jemand die eigene Bedürftigkeit zu verantworten habe oder nicht - anders als im geplanten Staatsangehörigkeitsrecht. Und auch der Deutsche Städtetag, sonst wenig begeistert von zusätzlicher Verwaltungsarbeit durch verstärkte Einbürgerung, forderte Korrekturen. "Hilfreich", so hieß es hier, wäre eine Ausnahmeregelung für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende. "Eine Vielzahl" junger Menschen könne "regelmäßig den eigenen Lebensunterhalt nicht bestreiten". Bleibe die Regierung bei ihren Plänen, bleibe die Jugend vor der Tür.

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