Sri Lankas Regierung hat eine einheimische radikal-islamische Gruppe für die Anschläge vom Ostersonntag mit 290 Toten verantwortlich gemacht. Man sei fest davon überzeugt, dass die Gruppe "National Thowheeth Jama'ath" die Selbstmordattentate verübt habe, sagte Gesundheitsminister und Kabinettssprecher Rajitha Senaratne am Montag. "Wir glauben nicht, dass diese Angriffe von einer Gruppe von Menschen verübt wurden, die auf dieses Land begrenzt waren", sagte er weiter. "Es gab ein internationales Netzwerk, ohne das diese Angriffe nicht gelungen wären."
Die Splittergruppe "National Thowheeth Jama'ath" war bisher durch Vandalismus an buddhistischen Statuen aufgefallen, vier Mitglieder wurden deswegen im Januar 2019 festgenommen. Eine führende Figur von National Thowheeth Jama'ath, Abdul Razik, wurde bereits 2016 wegen Rassismusvorwürfen festgenommen.
Die meisten Anschläge vom Ostersonntag sind von Selbstmordattentätern verübt worden. Bei sechs nahezu zeitgleichen Attacken auf drei Kirchen und drei Hotels hätten sich sieben Angreifer selbst in die Luft gesprengt, sagte ein für die Regierung arbeitender Forensiker. Bei den Attacken wurden 290 Menschen getötet. Darunter sollen 35 Ausländer sein, unter anderem aus den Staaten USA, Großbritannien, Portugal, Niederlande und Belgien. Eines der Todesopfer hatte nach Informationen des Auswärtigen Amtes neben dem US-amerikanischen auch einen deutschen Pass. Mehr als 450 Menschen wurden verletzt.
Auto explodiert in der Nähe der St.-Antonius-Kirche
Während die Sicherheitskräfte im ganzen Land nach den Drahtziehern der Anschläge fahnden, entdeckte die Polizei am Montag in der Nähe eines der Anschlagsorte einen Sprengsatz in einem Auto. Die Bombe ist nach Angaben mehrerer Nachrichtenagenturen detoniert; unklar ist jedoch, ob sie bei Entschärfung hochging oder gezielt gesprengt wurde. Die Polizei stellte ferner 87 Zünder an einer Busstation in Colombo sicher.
Ein Mann wurde den Angaben der Polizei zufolge in der Gegend um die St.-Antonius-Kirche festgenommen. Der Fund des Sprengsatzes und die Sprengung lösten in der Umgebung eine Panik aus, wie Videos in sozialen Medien zeigten. Zeugen berichteten auf Twitter zudem, dass die Polizei den Festgenommenen vor einer aufgebrachten Menge schützen musste.
In der Nacht zum Dienstag sind Notstandsbestimmungen in Kraft getreten. Staatspräsident Maithripala Sirisena verhängte sie, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu bewahren sowie die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen für die Bürger sicherzustellen. Mit den Regelungen erhalten Sicherheitsbehörden erweiterte Befugnisse, etwa für Durchsuchungen und zur Festnahme von Personen. Sirisena berief zudem ein dreiköpfiges Team ein, um die Anschlagsserie zu untersuchen. Das Team soll in zwei Wochen einen ersten Bericht vorlegen.
Die internationale Polizeiorganisation Interpol kündigte zudem die Entsendung eines Expertenteams an. Es soll aus Spezialisten mit Expertise in den Bereichen Tatortuntersuchung, Sprengstoff, Terrorismusbekämpfung und Opferidentifizierung bestehen.
Polizei hatte Hinweise auf mögliche Anschläge
Nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung Sri Lankas sind Muslime. Islamistische Terrorangriffe hatte es bisher in dem tropischen Inselstaat nicht gegeben. Mehr als eine Woche vor der Anschlagsserie hatte die Polizei aber offenbar Hinweise auf mögliche Angriffe. Der stellvertretende Polizeichef Priyalal Dissanayake verfasste am 11. April ein Schreiben, in dem er von Anschlagsplänen einer einheimischen radikal-islamischen Gruppe auf katholische Kirchen sowie die indische Botschaft in Sri Lanka warnte. Namentlich genannte Verdächtige hätten nach dem Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch gegen andere Religionen gehetzt, hieß es.
Kabinettssprecher Senaratne bestätigte am Montag die Echtheit des an mehrere Polizeieinheiten adressierten Schreibens, das Telekommunikationsminister Harin Fernando auf Twitter veröffentlicht hatte. Premierminister Ranil Wickremesinghe sei jedoch nicht informiert worden.
Senaratne kritisierte das angespannte Verhältnis zwischen Wickremesinghe und den Sicherheitsdiensten unter Staatspräsident und Verteidigungsminister Maithripala Sirisena. Sirisena hatte Wickremesinghe Ende vergangenen Jahres überraschend entlassen und ersetzt. Wickremesinghe gewann aber den Machtkampf und blieb im Amt.