Sozialleistungen:Wie die SPD den Sozialstaat reformieren will

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Bekommen sie bald alle Bürgergeld? Menschen warten an einem Schalter der Bundesagentur für Arbeit. (Foto: dpa)

Zwölf Euro Mindestlohn, Kindergrundsicherung, Recht auf Homeoffice und "Bürgergeld" statt Hartz IV: darüber diskutiert die SPD-Spitze. Die Vorschläge im Überblick.

Ein längerer Anspruch auf Arbeitslosengeld I, Kindergrundsicherung und das neue Bürgergeld anstelle des ungeliebten Hartz IV: Das sind die zentralen Punkte im SPD-Konzept für einen neuen Sozialstaat. Das Papier fasst auf 17 Seiten die Eckpunkte der Pläne zusammen. Die Sozialdemokraten wollen es ab Sonntag auf einer Vorstandsklausur beraten. Die Vorschläge im Überblick:

Arbeitslosengeld I

Wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll auch länger Arbeitslosengeld I (ALG I) erhalten. Unabhängig vom Alter erhöht sich die Anspruchszeit den SPD-Plänen zufolge bei mindestens 20 Jahren Beitragszeit um drei weitere Monate, ab 25 Jahren um sechs Monate und ab 30 Jahren um neun Monate. Bislang liegt die maximale Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I für Menschen unter 50 Jahren bei zwölf Monaten.

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Zudem wollen die Sozialdemokraten einen Leistungsanspruch für Qualifizierung einführen: Wer nach dreimonatigem ALG-I-Bezug noch keine neue Arbeit gefunden hat, erhält Anspruch auf eine gezielte Weiterbildungsmaßnahme und auf das damit verbundene Arbeitslosengeld Q.

Bürgergeld

Anstelle des bisherigen Hartz IV will die SPD mit dem neuen Bürgergeld einen "Leistungsanspruch für Absicherung und Teilhabe" einführen. Damit soll ein "Recht auf Arbeit" verbunden sein. Dieses soll ein Weiterbildungs- oder Arbeitsangebot beinhalten. Wer keinen Berufsabschluss hat, soll das Recht erhalten, einen solchen nachzuholen. Die bisherige Begrenzung der Förderung auf zwei Jahre soll entfallen.

Im Zuge des Bürgergeldes will die SPD die bisherigen Hartz-IV-Sanktionen abschaffen, und zwar soweit sie "sinnwidrig und unwürdig" sind. Dies gilt insbesondere für die strengeren Regelungen bei jungen Menschen unter 25.

Beim Übergang von ALG I in das Bürgergeld sollen anders als beim bisherigen Hartz IV Vermögen und Wohnungsgröße zwei Jahre lang nicht überprüft werden. Eine Reform des Wohngeldes soll dafür sorgen, dass niemand aufgrund steigender Mieten auf Bürgergeld angewiesen sein muss. Das Bürgergeld soll zudem besonderen Härten begegnen - etwa wenn plötzlich die Waschmaschine kaputtgeht und gleichzeitig die alte Winterjacke aufgetragen ist.

Kindergrundsicherung

Das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Bildungs- und Teilhabepaket und etwaige Hartz-IV-Zahlungen sollen zu einem Paket zusammengeschnürt werden. Zur Kindergrundsicherung gehören für die SPD zwei Säulen: zum einen der finanzielle Bedarf eines Kindes, zum anderen Infrastrukturleistungen in Kita, Schule, Ganztagsbetreuung und Förderangebote.

Home-Office

Das Recht auf Arbeiten von zu Hause soll per Gesetz festgeschrieben werden. Damit die Arbeit im Home-Office nicht ausufert, wollen die Sozialdemokraten dem Bericht zufolge Arbeitnehmer besser vor einer ständigen Erreichbarkeit schützen. Zudem sollten Beschäftigte auf einem persönlichen Zeitkonto Überstunden oder Gutschriften durch Fort- und Weiterbildungen einzahlen können - dieses Guthaben könnten sie dann später in Freizeit umwandeln. Dies könnte etwa genutzt werden, wenn Menschen mehr Zeit für ihre Kinder oder die Pflege von Angehörigen haben möchten.

Mindestlohn

In dem SPD-Konzept ist außerdem vorgesehen, den Mindestlohn von derzeit 9,19 Euro auf 12 Euro zu erhöhen. Auf Bundesebene soll es ein Tariftreuegesetz geben, damit die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen kann.

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