SPD:"Diese Mid-Term-Evaluierung ist für die SPD entscheidend"

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  • Martin Schulz wirbt vor dem SPD-Parteitag am Sonntag bei den Mitgliedern für eine neue Koalition mit der Union.
  • Zur Bedingung für Koalitionsgespräche macht er, dass nach zwei Jahren einer möglichen Zusammenarbeit eine kritische Bestandsaufnahme erfolgt.
  • Der Bundesrechnungshof kritisiert, die im Sondierungspapier veranschlagten 46 Milliarden Euro reichten nicht aus, um die Pläne von Union und SPD zu finanzieren.

SPD-Chef Martin Schulz hat die Bedeutung der im Sondierungspapier vereinbarten "Bestandsaufnahme des Koalitionsvertrages" für seine Partei herausgestellt. Für den Fall einer Neuauflage der großen Koalition wolle man nach zwei Jahren kritisch Bilanz über die Zusammenarbeit mit der Union ziehen. "Wir müssen nach dieser Zeit einen Strich ziehen und uns fragen: Wie weit sind wir eigentlich gekommen? Und was müssen wir verändern?", sagte Schulz dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. "Für die SPD ist das die Chance zu sagen, mit diesen Ergebnissen sind wir zufrieden - und in anderen Punkten muss man nachbessern."

Schulz betonte, diese Verabredung sei Bedingung für Koalitionsgespräche: "Diese Mid-Term-Evaluierung ist für die SPD entscheidend, um den Koalitionsverhandlungen zuzustimmen." Zu möglichen Nachverhandlungen der Sondierungsergebnisse sagte Schulz: "Ich kann keine konkreten Änderungen für bestimmte Punkte versprechen." Er wolle auf Grundlage der Sondierungsergebnisse mit der Union verhandeln.

Über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen wird am Sonntag auf einem Parteitag der SPD entschieden. Schulz wirbt derzeit um Zustimmung der Parteimitglieder. In Teilen der SPD gibt es erheblichen Widerstand gegen eine Neuauflage der großen Koalition. Auch sind einige Sozialdemokraten sehr unzufrieden mit dem Ausgang der Sondierungsgespräche. Juso-Chef Kevin Kühnert, ein Gegner der großen Koalition, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Wir sollten uns nicht selber belügen." Was in Sondierungen nicht auf dem Tisch gelandet sei, werde in Koalitionsverhandlungen auch nicht mehr hereinkommen.

Bundesrechnungshof kritisiert Ausgabenpläne von Union und SPD

Die Landesverbände in Berlin und Sachsen-Anhalt haben sich bereits gegen ein erneutes Bündnis mit der Union unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgesprochen. Rückhalt für Schulz kam dagegen am Dienstagabend aus Hamburg. Der dortige Landesvorstand empfahl "einvernehmlich die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen". Edgar Franke vom konservativ ausgerichteten Seeheimer Kreis der SPD warnte, sollte sich die SPD am Sonntag einer großen Koalition verweigern, riskiere sie bei Neuwahlen einen Absturz auf 15 bis 16 Prozent. "Und davon wird sie sich langfristig nicht erholen", sagte er Focus Online.

Kay Scheller, der Präsident des Bundesrechnungshofes, kritisierte unterdessen die Haushaltspläne von Union und SPD aus dem Sondierungspapier. Darin sei eine expansive Ausgabenpolitik angelegt, sagte Scheller der Rheinischen Post. "Ich sehe schon jetzt nicht, wie man da mit 46 Milliarden Euro auskommen will." Dieser Spielraum sei zwar für den Zeitraum bis 2021 realistisch. "Diese Summe reicht aber bei weitem nicht aus, um die im Papier enthaltenen Pläne von Union und SPD zu finanzieren." Nicht finanziert sind demnach die Rentenpläne. Deswegen werde der Bundeszuschuss zur Rentenkasse wohl noch deutlich vor 2021 die Marke von 100 Milliarden Euro reißen. Zudem seien höhere Zahlungen an die EU infolge des Brexits nicht einkalkuliert. Der Bundesrechnungshof prüft als unabhängige Kontrollinstanz die Einnahmen und Ausgaben des Bundes.

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