Man kann über Sascha Vogt nicht sagen, dass er es sich am Ende noch mal gemütlich macht. Nicht einmal am letzten Tag tut er das, stattdessen geht er am Freitagnachmittag in der Nürnberger Q-Location ans Rednerpult und sagt, auch er sei der Meinung, dass Regieren kein Selbstzweck sei: "Aber das Gegenteil ist es auch nicht." Was er damit einleitet, ist sein Ja zur großen Koalition, seine Begründung, warum er für dieses Bündnis ist und nicht dagegen - und das ist dieser Tage bei den Jusos schon ziemlich mutig. Man kann sagen: Vogt kämpft bis zuletzt.
Sascha Vogt war seit Mitte 2010 Vorsitzender der Jusos, es ist seine letzte Rede in diesem Amt. Am Freitagabend wird der Juso-Bundeskongress bestimmen, wer ihm nachfolgt. Hätte Vogt, 33, es in den letzten Tagen im Amt möglichst bequem haben wollen, dann hätte er sich nur an die Spitze des Widerstands gegen die große Koalition setzen müssen, den große Teile der Jusos gerade pflegen.
Sieben Landesverbände haben sich kürzlich gegen das Bündnis mit der Union ausgesprochen, Juso-Vertreter positionieren sich im Fernsehen, und bevor Sigmar Gabriel kürzlich im Taunus erstmals mit Genossen über den fertigen Koalitionsvertrag diskutieren konnte, empfingen ihn dort südhessische Jusos mit Flugblättern gegen Schwarz-Rot. Sascha Vogt aber sagt in Nürnberg, er sei der Meinung, dass man auf der Basis des Koalitionsvertrags "einiges bewegen" könne. Applaus gibt es dafür so gut wie keinen.
Die Jusos stören das Bild, das derzeit von der Stimmung in der SPD-Mitgliedschaft entsteht. Demnach scheint die Sache ja beinahe gelaufen zu sein - von den Regionalkonferenzen wird berichtet, dass dort zwar kontrovers diskutiert werde, die Befürworter der großen Koalition aber klar in der Mehrheit seien.
Im Osten soll es etwas schwieriger sein für die Parteispitze, in Magdeburg etwa sollen sich nach Berichten von Teilnehmern neulich Zustimmung und Ablehnung in etwa die Waage gehalten haben. Doch grundsätzlich nimmt man an der Parteispitze viel Zustimmung wahr, Umfragen unter SPD-Anhängern bestätigen dieses Bild. Doch da sollte man sehr vorsichtig sein: Anhängerschaft ist nicht gleich Mitgliedschaft. Und diejenigen, die an den Regionalkonferenzen teilnehmen, gehören wohl größtenteils zur sogenannten aktiven Mitgliedschaft, sind also Genossen, die sich ohnehin in der Partei engagieren. Was aber ist mit dem Rest?