SPD-Konzept für Atommüll:Suche Endlager, biete Mitsprache

Lesezeit: 2 min

Wohin mit dem strahlenden Schrott? Die SPD will die Suche nach einem Atommüll-Lager mit einem "Endlagerverfahrensgesetz" regeln. Das Konzept ist völlig anders, als das bisherige Verfahren zur Endlagersuche. Das Ziel: mehr Sicherheit und endlich ein Ergebnis. Die Standortauswahl soll nicht beschränkt sein - nur Gorleben wird ausgeschlossen.

Michael Bauchmüller

Mit Gorleben, das hat schon der SPD-Parteitag Anfang Dezember klargestellt, wollen die Genossen nichts mehr zu tun haben. Nun legen Umweltpolitiker der Partei erstmals ein Konzept für die Suche nach einem Atommüll-Endlager vor; ganz ohne den umstrittenen Salzstock in Niedersachsen, dafür mit einem neuartigen Verfahren zur Suche: einem "iterativen mehrstufigen wissenschaftlich-technischen Entscheidungsprozess". So jedenfalls heißt das im Positionspapier der SPD-Fraktion, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Bergarbeiter und Besucher schauen sich im Erkundungsbergwerk in Gorleben einen Seitenstollen an (Archivbild). Geht es nach der SPD, soll Gorleben aus der künftigen Standortsuche komplett rausfallen. (Foto: dpa)

So sollen in insgesamt sechs Schritten zunächst die Kriterien für ein Endlager festgelegt werden, ehe einzelne Regionen, streng nach diesen Kriterien, ausgeschlossen werden. Von fünf potentiellen Standorten sollen am Ende zwei übrigbleiben, die dann unter Tage erkundet und miteinander verglichen werden sollen. "Ziel des Endlagerverfahrens ist es, das bestmögliche Endlager in tiefen geologischen Gesteinsformationen bereitzustellen", schreiben die SPD-Parlamentarier Ute Vogt und Matthias Miersch in dem Papier. "Die Standortauswahl wird nicht vorab beschränkt." Jedenfalls einmal abgesehen von Gorleben.

Zumindest die Reihenfolge der einzelnen Schritte liest sich ähnlich wie der Plan, an dem Bund und Länder derzeit arbeiten. Bis zum Sommer soll das in ein Endlagersuchgesetz münden, ein erster grober Fahrplan dafür steht schon. "Die Standortsuche soll am Kriterium der bestmöglichen Sicherheit orientiert sein", heißt es auch darin. Die Sozialdemokraten gehen mit ihrem Papier aber noch einen Schritt weiter: Sie fordern ein gänzlich neues Verfahren.

Anders als bisher sollen die Genehmigungsbehörden nicht erst am Schluss die Arbeit aufnehmen, wenn das Ergebnis der langwierigen Suche noch den Segen einer Planfeststellung braucht - sondern am Anfang. "Die eigentliche Auswahl des Standortes macht allein 50 Prozent der Sicherheit aus", sagt der Kerntechnik-Experte Wolfgang Renneberg, einst oberster Reaktorsicherheits-Beamter im Bundesumweltministerium und Co-Autor des Papiers. "Ein solches mehrstufiges Verfahren für die Auswahl ist international inzwischen der Standard."

Für die Bundesrepublik wäre das ein Novum. Das Planfeststellungsverfahren, das jedes größere Bauvorhaben in diesem Land durchlaufen muss, würde dazu in Einzelteile aufgespalten - geregelt in einem eigenen "Endlagerverfahrensgesetz". Das wiederum soll auch mehr Mitsprache für die Bürger ermöglichen. So müssten vor jedem einzelnen Schritt Planungen offengelegt werden, Bürger könnten sich früher im Verfahren zur Wehr setzen. Damit werde ein Erfolg des Unterfangens wahrscheinlicher, sagt Renneberg. "So wie es bisher lief, fällt alles in sich zusammen, sobald irgendwo mal ein Fehler gemacht wurde. Das ist Harakiri." Bisher fehlen für Endlager besondere Gesetze. In Gorleben gilt Bergrecht.

Und damit das Vorhaben am Ende nicht an Insolvenz oder Veräußerung eines Atomkonzerns scheitert, schwebt den Sozialdemokraten auch ein "Sicherungsfonds" vor, in den die Unternehmen einzahlen müssen: zehn Milliarden Euro, aufzubringen binnen zehn Jahren. Ihre bisherigen Rückstellungen für die Entsorgung - insgesamt 30 Milliarden Euro - sollen die Unternehmen dem Umweltministerium offenlegen.

Die SPD-Fraktion will sich auf ihrer Klausur Mitte des Monats mit den Vorschlägen befassen. "Mit den Eckpunkten liegen detaillierte Vorschläge der SPD auf dem Tisch", sagt die SPD-Abgeordnete Ute Vogt. "Jetzt ist die Bundesregierung am Zug." Die allerdings muss erst noch eine Streitfrage klären - Gorleben.

© SZ vom 03.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: