Der rot-grüne, Verzeihung, der grün-rote Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg ist fertig. Im Stuttgarter Haus der Architekten wird er an diesem denkwürdigen Mittwoch präsentiert. Ein Tag mit historischem Wert: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik führen die Grünen eine Regierung an. Erstmals ist die SPD in einem Bündnis mit den Grünen der Juniorpartner.
Frei nach Gerhard Schröder sind diese beiden Männer grüner Koch und roter Kellner: Der designierte baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (links) und SPD-Landeschef Nils Schmid.
(Foto: dpa)Dass es so kommen konnte, hat viele spezifische Gründe. Fukushima-1, die Atomdebatte, der Bahnhof Stuttgart 21 - all das hat die Grünen stark gemacht und sie auf 24,2 Prozent der Stimmen getragen. Die SPD um ihren blassen und jungenhaften Spitzenkandidaten Nils Schmid konnte da nur zuschauen und rutschte mit 23,1 Prozent auf ihr historisch schlechtestes Ergebnis im Ländle.
Freuen kann sich die SPD nur darüber: Es reichte, wenn auch knapp, der CDU die Herrschaft zu nehmen. Ansonsten hat die einst so stolze Sozialdemokratische Partei Deutschlands wieder einmal erleben müssen, wie ihr die Wähler davonrennen. Die SPD heute ist die "Siechende Partei Deutschlands".
Hamburg, werfen jetzt wackere Sozialdemokraten ein, in Hamburg hat die SPD im Februar die absolute Mehrheit geholt. Stimmt. Doch wer die Wahl in einer deutschen Großstadt gleich zum Trend erklären will, der schaue doch bitte auf die Wahlen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und natürlich Baden-Württemberg.
In Sachsen-Anhalt hatte Spitzenkandidat Jens Bullerjahn tatsächlich darauf gehofft, das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen zu können. Ergebnis: dritte Kraft mit mageren 21,5 Prozent. Nur 0,1 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2006. In der letzten verbliebenen SPD-Hochburg Rheinland-Pfalz kann Kurt Beck zwar weiterregieren. Die Verluste aber sind dramatisch: minus zehn Prozentpunkte.
Konstant unter 30 Prozent
In den Umfragen sieht es nicht besser aus. Seit der Bundestagswahl 2009 schafft es die Partei nicht, die 30-Prozent-Marke nachhaltig zu knacken. In der Regel ist sie weit darunter zu finden - aktuell sind es laut einer Forsa-Umfrage 22 Prozent. Also noch ein Prozentpunkt unter dem Ergebnis, mit dem sich die SPD bei der Bundestagswahl blamiert hat.
Dabei fing als ganz hoffnungsvoll an. Nach der Wahl 2009 hat Sigmar Gabriel mit einer überzeugenden Rede den Parteivorsitz übernommen. Er hat die Partei beruhigt, die über die Hartz-Reformen zerstrittenen Flügel versöhnt. Das hatte insofern Erfolg, als dass die Westausdehnung der Linkspartei vorerst gestoppt ist. Die SPD taugt offenbar immer weniger als Angriffsfläche für die auch noch schwach aufgestellte Führungsspitze der Linken.