SPD-Chef in Heidenau:Gabriel will rechtes "Pack" hart bestrafen

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Bei seinem Besuch im sächsischen Heidenau findet Sigmar Gabriel keine Rechtsextremen vor. Er trifft verunsicherte Anwohner und verängstigte Flüchtlinge, die sich nicht einmal über die Straße trauen.

Von Antonie Rietzschel, Heidenau

Es war im Februar, als Sigmar Gabriel nach Sachsen kam, um sich mit Pegida-Aktivisten zu unterhalten. Danach sagte der SPD-Chef, jeder habe das Recht, deutschnational zu denken. Dafür hat Gabriel viel Kritik einstecken müssen. Doch das war vor Meißen, das war vor Freital - und vor Heidenau.

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Genau dort, in Heidenau, steht der Wirtschaftsminister jetzt vor einem hohen Zaun, der mit einer weißen Plane zugehangen ist. Der Zaun umgibt einen leer stehenden Baumarkt, der innerhalb kürzester Zeit zu einem Asylbewerberheim umfunktioniert wurde. Ein Schild wirbt noch mit niedrigen Preisen.

In den vergangenen Tagen gab es hier schwerste Ausschreitungen. Es ist das Ergebnis deutschnationalen Denkens, das in Hass und Gewalt umgeschlagen ist. Gabriel nennt die Rechtsextremen "Pack", das sich herumtreibe und dem man klar sagen müsse, dass es nicht zu dieser Gesellschaft gehöre. "Das ist nicht das Deutschland, das wir hier haben wollen. Für die gibt es nur eine Antwort: Polizei, Staatsanwaltschaft und nach Möglichkeit für jeden, den wir erwischen, Gefängnis", sagt Gabriel.

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Auch im Bekanntenkreis dürfe man nicht wegschauen, wenn die Täter in Vereinen und Klubs auftauchten. "Keinen Millimeter" will Gabriel den Rechten überlassen. In Richtung der EU-Partner mahnt er eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge an. Das Problem müsse man gemeinsam angehen. Tue man das nicht, gerieten die offenen Grenzen in Gefahr. "Ich will das nicht", betont er. Aber die Gefahr bestehe.

Eigentlich hätte sich Gabriel auf seiner Sommerreise die sächsische Erfolgsgeschichte anschauen sollen, geplant waren Besuche bei Dresdner Unternehmen. Doch Heidenaus Bürgermeister Jürgen Opitz, der von Rechtsextremen als "Volksverräter" beschimpft wurde, hatte ihn spontan in seine Stadt eingeladen. Sie liegt zwischen Pirna und Dresden.

Überforderte Polizei, verängstigte Flüchtlinge

Heidenau ist eine Stadt mit 16 000 Einwohnern und ohne Herz - ein wirkliches Zentrum gibt es nicht, dafür jede Menge Industriefläche und Supermärkte. Wer von den umliegenden Dörfern zum Großeinkauf muss, fährt nach Heidenau zu Real, einem riesigem Komplex direkt gegenüber dem Asylbewerberheim.

Dazwischen verläuft schnurgerade die Bundesstraße 172 - die Kampfzone der vergangenen Tage. Am Freitag randalierten hier nach einer angemeldeten NPD-Demo im Stadtzentrum 600 Gewalttäter, vorrangig Rechtsextreme. Sie schafften es kurzzeitig, die Straße zu blockieren, auf der die ersten Flüchtlinge mit einem Bus zum Asylbewerberheim gelangen sollten.

Am Samstag liefen dann wieder 250 Menschen auf, es flogen Böller und Steine. Die Polizei griff zum Äußersten und richtete eine Schutzzone ein, die ihr Personenkontrollen möglich macht. Am Sonntagabend gab es schließlich die erste Demonstration von Unterstützern der Flüchtlinge, doch es gab auch Auseinandersetzungen zwischen Antifa-Aktivisten und der Polizei.

Am Montagmorgen ist es ruhig, keine Spur von Rechtsextremen. Die Polizei, die in den vergangenen Tagen überfordert wirkte, ist noch mit zwei Wagen vertreten. Dennoch ist die Bundesstraße 172 zur Grenze geworden. Auf der einen Seite stehen junge Männer wie Sahak, sie gehören zu den 200 Flüchtlingen, die in dem früheren Baumarkt wohnen.

Sahak kommt aus Afghanistan und er hat sich noch nicht in den Real-Markt hineingetraut. Dort will er sich ein Handy kaufen, doch er weiß nicht, ob er sich vor den Menschen auf der anderen Seite fürchten muss. Sie stehen mit Fahrrädern am Straßenrand oder auf dem Parkplatz eines Schwimmbades. Sie schirmen die Augen gegen die Sonne ab, schauen herüber. Meist sind es ältere Leute. Sahak fragt: "Wollen die uns? Müssen wir aufpassen?"

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Herüber zu den Flüchtlingen kommen nur wenige Sachsen. Einige wollen helfen, doch die meisten wollen nur schauen. Man wolle wissen, wer diese Leute seien, sagt eine ältere Dame, die auch aus Heidenau kommt. Ob sie denn schon einen der Flüchtlinge angesprochen habe, die mittlerweile zahlreich hinter dem Zaun vorkommen. "Nein, nein", sagt sie. Wahrscheinlich wäre es auch egal, denn ihre Meinung steht fest: "Das bringt Unruhe hier rein - und das wollen wir nicht." Die rechtsextremen Demonstranten meint sie damit jedoch nicht.

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Eine andere Frau ist extra aus Dresden gekommen, wegen der Flüchtlinge und vor allem wegen Sigmar Gabriel. Der stürmt gleich auf sie zu, als er ankommt. Sie fragt, wie das denn jetzt in Zukunft werden solle, hantiert mit horrenden Flüchtlingszahlen herum, die Gabriel korrigiert. Maximal 800 000 Asylbewerber seien es in diesem Jahr, ein Prozent der deutschen Bevölkerung.

Deutschland könne das aushalten, sie solle sich keine Sorgen machen, betont der Wirtschaftsminister. Am Ende muss die Dame zugeben, doch vielleicht in Zukunft genauer auf die Zahlen zu schauen. Wenn nur ganz Heidenau so leicht zu beruhigen wäre.

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