Bundestag:Rolf Mützenich will SPD-Fraktionschef bleiben

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Rolf Mützenich, 64, amtierender und wohl auch künftiger Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Er hadert manches Mal mit dem Politikbetrieb, nun kündigt er seine erneute Kandidatur an. Rolf Mützenich ist als Chef der SPD-Fraktion für den Kanzler in eine Schlüsselrolle hineingewachsen.

Von Georg Ismar, Berlin

Rolf Mützenich will erneut als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion kandidieren - er gilt als ein wichtiger Rückhalt für Kanzler Olaf Scholz, der für ihn die Mehrheiten für Gesetze im Bundestag organisiert. Der Abgeordnete aus Köln kündigte am Dienstag in der Sitzung der Fraktion seine erneute Kandidatur an. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gab es stehenden Applaus, Mützenich sei sichtlich gerührt gewesen, hieß es. Der Kanzler habe ihm in der Sitzung zu seiner Entscheidung gratuliert.

So wird der SPD ein Machtkampf um die Nachfolge vorerst erspart. Lange war spekuliert worden, dass Mützenich zur Hälfte der Legislaturperiode das Amt abgeben und der Parteilinke Matthias Miersch sein Nachfolger werden könnte. Allerdings ist inzwischen der konservative Seeheimer Kreis zur größten Strömung in der Fraktion aufgestiegen, der sich dafür ausgesprochen hatte, dass erst einmal Mützenich weitermacht. Der 64-Jährige führt die größte Fraktion im Bundestag seit 2019 - und könnte nun bis mindestens zur nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 im Amt bleiben.

Er gilt als geräuschloser Handwerker der Macht

Mützenich gehört zwar auch dem linken Flügel der Partei an, hat sich aber mit seiner Art in allen Lagern viel Zuspruch erworben, zudem hat er einen Arbeitsmodus mit den Fraktionschefs von FDP und Grünen gefunden. Zuletzt mussten immer wieder unausgegorene Gesetzentwürfe der Regierung durch die Fraktionen verbessert oder gerettet werden, etwa das Heizungsgesetz.

Er gilt als geräuschloser Handwerker der Macht, für Scholz schaffte er es immer wieder, Fraktion und Koalition zusammenzuhalten, aber auch die vielen neuen SPD-Abgeordneten einzubinden. Die turnusmäßige Neuwahl steht nach der Sommerpause im September an.

Was den Ukrainekrieg angeht, räumte er Fehleinschätzungen ein

Er hatte einst über atomwaffenfreie Zonen promoviert und stand wegen seines Einsatzes für einen Ausgleich mit Russland nach dem Überfall auf die Ukraine in der Kritik. Der Politikwissenschaftler räumte Fehleinschätzungen ein und unterstützte schließlich alle Waffenlieferungs-Entscheidungen des Kanzlers. Anfang März besuchte er mit SPD-Chef Lars Klingbeil per Zug Kiew.

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Angesichts der stehenden Ovationen meinte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) laut Teilnehmern in der Sitzung: "Dann müssen wir ja gar nicht mehr abstimmen". Mützenich mahnte, erstmal die Wahl nach der Sommerpause abzuwarten: "Bei den Falken haben wir immer ordentlich gewählt, ich weiß ja nicht, wie Ihr das bei den Jusos gemacht habt, Hubertus." In einem aktuellen Interview mit der Zeit räumte Mützenich ein, dass er lange mit der Entscheidung gerungen habe. Er ist ein Politiker, dem man das Leiden und Hadern mit den politischen Entwicklungen ansehen kann. Er denke immer wieder darüber nach, "ob ich noch leistungsfähig bin."

Die Politik dürfe nicht bei der Enttäuschung des Augenblicks stehen bleiben, er gehöre "wahrscheinlich ohnehin zu denjenigen, die sich am wenigsten von Momentaufnahmen beirren lassen." In seiner Arbeit seien drei Aspekte entscheidend, so Mützenich: Ist er seinen eigenen Ansprüchen an gute Politik gerecht geworden? Hat er sich für mehr Gerechtigkeit und bessere Rechtsstaatlichkeit eingesetzt? Und, besonders wichtig: Hat er dazu beigetragen, der Demokratie den notwendigen Halt und eine gute Zukunft zu geben?

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