Präsidentenwahl in Simbabwe:"Ein offensichtlicher und gigantischer Betrug"

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Wegen seiner Skrupellosigkeit "das Krokodil" genannt: Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa bei einem Auftritt am Sonntag. (Foto: Philimon Bulawayo/Reuters)

Amtsinhaber Emmerson Mnangagwa gewinnt die Wahl in Simbabwe. Die Opposition will das Ergebnis anfechten, Wahlbeobachter sprechen von einem "Klima der Angst".

Von Paul Munzinger, Kapstadt

Das Krokodil hat wieder zugebissen. Die Wahlkommission von Simbabwe erklärte Amtsinhaber Emmerson Mnangagwa, Spitzname "Das Krokodil", in der Nacht auf Sonntag zum Sieger der Präsidentenwahl. Er erhielt demnach knapp 53 Prozent der Stimmen. Sein ärgster Widersacher Nelson Chamisa kam auf 44 Prozent. Die Wahl am Mittwoch fand internationalen Beobachtern zufolge nicht unter fairen Bedingungen statt. Chamisa kündigte an, er werde das Ergebnis anfechten.

Mnangagwa übernahm 2017 die Präsidentschaft, nachdem Langzeitdiktator Robert Mugabe vom Militär gestürzt worden war. Beide gehören der Partei Zanu-PF an, die Simbabwe seit der Unabhängigkeit 1980 ununterbrochen regiert. 2018 ging Mnangagwa aus den ersten Wahlen der Nach-Mugabe-Ära als Sieger hervor. Auch damals hieß sein Herausforderer Nelson Chamisa. Auch damals fiel das Ergebnis knapp zugunsten Mnangagwas aus. Und auch damals zog Chamisa - vergeblich - gegen das Ergebnis vor Gericht.

Die Hälfte der Bevölkerung lebt in extremer Armut

Simbabwe, einst als Kornkammer des südlichen Afrika bekannt, erlebte in den vergangenen 25 Jahren einen beispiellosen wirtschaftlichen Abstieg. Ursache dafür ist unter anderem eine radikale Landreform Mugabes. Vom Jahr 2000 an wurden die meisten weißen Farmer enteignet und die fruchtbaren Flächen an Anhänger des Regimes verteilt, die allerdings über keine landwirtschaftliche Erfahrung verfügten. Die Produktion brach zusammen. Heute hat nur ein Viertel der 15 Millionen Bewohner Simbabwes einen formellen Job, die Hälfte der Bevölkerung lebt in extremer Armut, die Währung verliert rasant an Wert. Die Inflation schwankte in den vergangenen Monaten zwischen 70 und 175 Prozent.

Mnangagwa hat den Niedergang des Landes nicht aufgehalten. Auch die Einschüchterung und Unterdrückung der Opposition setzt er fort. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Mittwoch fanden nach Einschätzung einer Beobachtermission des EU-Parlaments in einem "Klima der Angst" statt. Wähler wurden von regierungsnahen Gruppen eingeschüchtert, Wahlbeobachter festgenommen. Weil Wahlzettel fehlten, kam es vielerorts zu massiven Verzögerungen.

Insgesamt "entsprachen die Wahlen nicht den regionalen und internationalen Standards, einschließlich Gleichheit, Universalität und Transparenz", sagte der Österreicher Andreas Schieder, der Leiter der Wahlmission des EU-Parlaments in Simbabwe. Zu einem ähnlichen Urteil kamen die Beobachter der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC). Die Organisation berichtete auch von persönlichen Angriffen auf den Leiter ihrer Delegation.

Wahlsieger Mnangagwa war ein enger Weggefährte von Langzeitherrscher Mugabe

Der alte und neue Präsident Mnangagwa bedankte sich am Sonntagmorgen auf Twitter für den "unerschütterlichen Glauben" seiner Anhänger. Er sei "voller Demut angesichts der überwältigenden Unterstützung und Freude, die das Volk ihm entgegengebracht" habe. Gemeinsam werde man weiter an einer besseren Zukunft für Simbabwe arbeiten. Der heute 80-jährige Mnangagwa war über Jahrzehnte ein enger Weggefährte Mugabes, ehe er diesen 2017 gemeinsam mit der Militärführung stürzte. Seine Skrupellosigkeit trug ihm den Spitznamen "Krokodil" ein. Anfang der Achtzigerjahre war er als Sicherheitsminister maßgeblich an der Ermordung von etwa 20 000 Menschen im Westen Simbabwes beteiligt, vor allem aus dem Volk der Ndbele.

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Oppositionsführer Chamisa, ein 45 Jahre alter Anwalt und Prediger, schrieb ebenfalls auf Twitter, das Wahlergebnis sei "ein offensichtlicher und gigantischer Betrug". Die Regierungspartei, so Chamisa an seine Anhänger gewandt, "stiehlt euch eure Stimme, aber niemals eure Hoffnung". Für Sonntagnachmittag kündigte er eine Pressekonferenz über sein weiteres Vorgehen an. 2018 hatte Chamisa sich vor der Veröffentlichung der amtlichen Endergebnisse zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt und damit zum Ausbruch von Unruhen beigetragen. Sechs Menschen waren damals ums Leben gekommen.

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